Tag & Nacht

In diesen Tagen läuft in Rom ein zentrales Treffen zum Schutz der biologischen Vielfalt: die Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen. Offiziell handelt es sich um die 26. Sitzung des Wissenschaftlich-Technischen Unterorgans (SBSTTA-26) und die 4. Sitzung des Unterorgans zur Umsetzung (SBI-4) der Konvention über die biologische Vielfalt (CBD).

Warum ist dieses Treffen so wichtig?

Es geht darum, die ambitionierten Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF) mit Leben zu füllen. Dieses Abkommen, das im Dezember 2022 beschlossen wurde, setzt unter anderem das Ziel, bis 2030 mindestens 30 % der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen – das sogenannte 30×30-Ziel. Doch die große Frage ist: Wie kommen wir dahin?

In Rom wird nun konkret verhandelt, wie der Schutz der biologischen Vielfalt finanziert, gemessen und in nationale Strategien integriert werden kann.

Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Themen, Konflikte und Fortschritte.


Warum Biodiversität unser Überleben sichert

Bevor wir uns die Details der Konferenz ansehen, ein kurzer Blick auf das große Ganze.

Die Natur ist die Grundlage für unser Leben. Wälder, Ozeane, Flüsse, Böden – all das sind nicht nur wunderschöne Landschaften, sondern lebenswichtige Systeme, die unser Klima stabilisieren, Wasser reinigen, Nahrung liefern und die Luft filtern.

Doch genau diese Vielfalt ist bedroht:

  • Eine Million Arten könnten laut IPBES-Bericht in den kommenden Jahrzehnten aussterben.
  • 75 % der Landflächen sind durch menschliche Aktivitäten erheblich verändert.
  • Über 85 % der Feuchtgebiete sind bereits verloren gegangen.

Und das hat Folgen. Der Verlust der Biodiversität gefährdet nicht nur Tiere und Pflanzen – er bedroht uns alle. Denn wenn Ökosysteme kollabieren, hat das direkte Auswirkungen auf Ernährungssicherheit, Gesundheit und Wirtschaft.

Genau darum geht es in Rom.


Die Agenda in Rom: Schlüsselthemen der Verhandlungen

Das Treffen in Rom dient als wichtiger Meilenstein für die kommende UN-Biodiversitätskonferenz (COP16), die im Oktober 2025 in Kolumbien stattfinden wird. Dort sollen endgültige Entscheidungen fallen – doch Rom bereitet den Boden dafür.

Die vier zentralen Themen in Rom:

  1. Finanzierung der Biodiversität: Woher kommt das Geld?
    • Die Finanzierungslücke beträgt mehr als 700 Milliarden Dollar jährlich.
    • Entwicklungsländer fordern mehr Unterstützung aus dem Global Biodiversity Fund (GBF).
    • Es geht auch darum, schädliche Subventionen abzubauen – also etwa Agrarsubventionen, die zur Zerstörung von Lebensräumen beitragen.
  2. Messbare Fortschritte: Wie tracken wir den Artenschutz?
    • Bis 2026 sollen alle Länder nationale Biodiversitätspläne mit klaren Indikatoren vorlegen.
    • Es wird über ein globales Monitoring-System diskutiert.
    • Neue Technologien wie Satellitendaten und KI-gestützte Umweltanalysen sollen helfen, Fortschritte zu messen.
  3. Das 30×30-Ziel: Wie erreichen wir es?
    • Mindestens 30 % der Erde sollen bis 2030 geschützt werden.
    • Doch wo genau sollen diese Gebiete liegen?
    • Indigene Gemeinschaften spielen eine zentrale Rolle – doch ihre Landrechte müssen respektiert werden.
  4. Biodiversität in Wirtschaft und Politik verankern
    • Unternehmen sollen verpflichtet werden, Biodiversitätsrisiken in ihre Geschäftsmodelle einzubeziehen.
    • Regierungen müssen Biodiversität in ihre Wirtschaftspolitik integrieren – etwa durch nachhaltige Landwirtschaft und Fischerei.

Viele Fragen sind offen, aber eines ist klar: Es braucht konkrete Schritte – jetzt.


Die Finanzierungslücke: Wer zahlt für den Artenschutz?

Eines der größten Probleme ist das liebe Geld.

Für den Schutz und die Wiederherstellung von Ökosystemen braucht es jährlich rund 900 Milliarden Dollar. Momentan stehen nur 154 Milliarden Dollar pro Jahr zur Verfügung – das ist eine gigantische Lücke.

Die Hauptkonfliktlinien:

  • Entwicklungsländer fordern mehr Geld von Industriestaaten.
  • Industrieländer argumentieren, dass auch Privatunternehmen mitzahlen müssen.
  • Subventionen für naturzerstörende Industrien müssen abgeschafft werden.

Ein Fortschritt in Rom: Die Gespräche über eine bessere Finanzierung des Global Biodiversity Fund (GBF) laufen – allerdings ohne konkrete Zusagen der großen Wirtschaftsmächte.

Ohne eine Lösung in diesem Punkt bleibt vieles Theorie.


Monitoring: Wie überprüfen wir den Fortschritt?

Ein weiteres großes Thema in Rom: Wie messen wir, ob sich die Biodiversitätssituation verbessert oder verschlechtert?

Denn klar ist: Ohne Daten kein Fortschritt.

Deshalb wird über ein einheitliches Monitoring-System verhandelt. Geplant sind:

  • Globale Indikatoren für den Artenschutz
  • Regelmäßige Länderberichte an die UN
  • Nutzung von Satellitendaten und KI

Der Vorteil: Mit präziseren Daten können frühzeitig Probleme erkannt und Maßnahmen angepasst werden.

Doch hier gibt es Widerstände: Viele ärmere Länder haben nicht die technischen Kapazitäten, um detaillierte Umweltberichte zu erstellen. Deshalb fordern sie mehr finanzielle und technische Unterstützung.


Das 30×30-Ziel: Schutzgebiete für die Zukunft

Ein Lichtblick: Immer mehr Länder unterstützen das Ziel, 30 % der Erde bis 2030 unter Schutz zu stellen.

Doch die Fragen sind:

  • Wo genau sollen diese Gebiete liegen?
  • Wer verwaltet sie?
  • Wie können Schutzgebiete effektiv überwacht werden?

Besonders wichtig: Indigene Gemeinschaften müssen einbezogen werden. Ihre Gebiete gehören oft zu den artenreichsten Regionen der Welt – und sie sind es, die oft am nachhaltigsten mit der Natur umgehen.

In Rom wurde betont, dass Schutz nicht Vertreibung bedeuten darf. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen indigene Gemeinschaften aus Naturschutzgebieten verdrängt wurden – das darf nicht passieren.

Hier steht also noch viel Arbeit an.


Fazit: Kleine Fortschritte, große Herausforderungen

Die Biodiversitätskonferenz in Rom hat Fortschritte gebracht – vor allem bei der Diskussion über Monitoring-Mechanismen und Finanzierungsmodelle. Doch viele zentrale Fragen bleiben offen:

  • Wer übernimmt die Kosten für den globalen Artenschutz?
  • Wie setzen Länder ihre Verpflichtungen tatsächlich um?
  • Wie verhindern wir, dass Schutzgebiete auf Kosten indigener Gemeinschaften entstehen?

Die nächste große Chance für verbindliche Beschlüsse bietet die COP16 im Oktober 2025 in Kolumbien. Dort wird sich zeigen, ob die Weltgemeinschaft wirklich bereit ist, die Biodiversitätskrise ernsthaft anzugehen.

Denn eines ist sicher: Die Natur kann nicht warten.

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