Tag & Nacht


Ein Moment – und die Welt steht still. Donnerstagmorgen, 11:20 Uhr, in Balma, einem ruhigen Vorort im Südosten von Toulouse: Ein gewaltiger Lichtblitz durchzuckt den Himmel. Sekunden später – eine Detonation, so laut, dass Fenster klirren, Wände beben und selbst gestandene Toulousainer blass werden.

„Ich hatte so etwas noch nie gehört“, sagt eine Anwohnerin, die Zeugin dieses seltenen Naturphänomens wurde. Und sie ist nicht allein.

Was hier einschlug, war kein gewöhnlicher Blitz. Es war ein „Superbolt“ – ein extrem seltener und unfassbar intensiver Blitzschlag, der seine gesamte Energie auf einen einzigen Punkt konzentriert. Ein Phänomen, das selbst Meteorologen immer wieder in Staunen versetzt.


Ein Blitz wie ein Erdbeben

Das Epizentrum lag in der Nähe des örtlichen Flugplatzes. An einem sonst ruhigen Vormittag erschütterte der Donner nicht nur die Straßen von Balma, sondern war noch Kilometer entfernt im Zentrum von Toulouse zu hören. Für einen Moment fühlte sich die Stadt an wie im Ausnahmezustand.

Ein Mann schildert es so: „Ich habe den Blitz gesehen, dann hochgeschaut – und plötzlich dieses unfassbar laute Geräusch. Ich dachte, das ist ein Gewitter. Aber dieser Ton – das war mehr als Donner.“

185.000 Ampère. Diese Zahl liest sich nüchtern, doch sie steht für eine unfassbare Wucht: So stark war der Stromimpuls des Blitzes, was etwa der Energie von sieben Tonnen Sprengstoff entspricht. Sieben Tonnen! Das ist nicht nur ungewöhnlich – das ist absolut außergewöhnlich.


Superbolt: Wenn der Himmel explodiert

Blitze dieser Kategorie machen laut Meteorologen nur 0,2 bis 0,3 Prozent aller Blitzereignisse weltweit aus. Meist treten sie im Sommer auf, wenn die Atmosphäre labil und voller Energie ist. Dass ein solcher Blitz im kühlen November einschlägt, macht den Vorfall bei Toulouse zu einem meteorologischen Kuriosum.

Das Besondere an einem Superbolt: Er hat keine Verzweigungen, sondern schießt als einzelner, geradliniger Strahl zur Erde – geballt, gezielt, mit maximaler Kraft. Die Energie, die sich dabei entlädt, ist so stark, dass man sie mit bloßem Ohr über viele Kilometer hinweg hören kann.

Ein Meteorologe von Météo-France bringt es auf den Punkt: „So ein Blitz gehört zu den stärksten 0,3 Prozent seiner Art – ein sehr seltenes Ereignis.“


Gewitter über Südfrankreich – ein Phänomen mit Folgen

Der Superblitz war Teil eines größeren Unwettersystems, das von den Balearen über das westliche Mittelmeer nach Südfrankreich zog. Schon auf Mallorca standen die Straßen in Palma unter Wasser, Sturzbäche schossen durch die Gassen, die Kanalisation war überfordert. Auch in Perpignan, rund 200 Kilometer südlich von Toulouse, fielen noch über 30 Liter Regen – binnen kürzester Zeit.

Der Herbst hat sich in diesem Jahr wenig goldig gezeigt – stattdessen gewitternd, laut und unberechenbar.


Naturgewalt mit Nachhall

Es sind Momente wie dieser, die daran erinnern, wie wenig Kontrolle der Mensch über das Wetter hat. Kein Algorithmus, kein Satellit, keine App kann vorhersagen, wo genau der nächste Superbolt einschlagen wird. Es bleibt ein Spiel der Kräfte zwischen Himmel und Erde – mit uns mittendrin.

Und auch wenn der Schaden dieses Mal gering war: Die Erinnerung an diesen Tag wird bleiben.

Toulouse hat nicht nur gebebt – es hat den Atem der Natur gespürt. Laut. Direkt. Unvergesslich.

Autor: Daniel Ivers

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