Ein Dienstagmorgen, der sich tief ins kollektive Gedächtnis Österreichs brennen wird: Am 10. Juni 2025 durchbricht ein junger Mann die friedliche Routine des Schulalltags in Graz und reißt Familien, Freunde und eine ganze Nation in einen Albtraum. Das Bundes-Oberstufenrealgymnasium Dreierschützengasse, besser bekannt als BORG Graz, wurde zum Schauplatz einer brutalen Gewalttat, bei der zehn Menschen ihr Leben verloren und mindestens 28 weitere verletzt wurden.
Ein stiller Morgen wird zur tödlichen Falle
Es war kurz nach 10 Uhr, als der Täter, ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums, zwei Klassenzimmer betrat. Plötzlich durchbrachen Schüsse die Stille. Panik. Schreie. Chaos. Innerhalb weniger Minuten verwandelte sich das Schulgebäude in einen Ort des Schreckens. Unter den Toten: sieben Jugendliche, ein Lehrer und der Täter selbst, der sich offenbar nach seiner Tat das Leben nahm.
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet diese Schule – mitten im Herzen der zweitgrößten Stadt Österreichs – Ziel eines solchen Amoklaufs werden würde?
Polizei im Ausnahmezustand
Die Polizei reagierte blitzschnell. Mit einem Großaufgebot rückten Einsatzkräfte aus. Spezialeinheiten wie die Cobra wurden angefordert, Hubschrauber kreisten über dem Gelände. Das Areal wurde weiträumig abgeriegelt, Schüler und Lehrer in Sicherheit gebracht.
Gegen 11:30 Uhr meldeten die Behörden, dass die Situation unter Kontrolle sei. Die Betroffenen wurden zu Notunterkünften gebracht – viele völlig verstört, manche unter Schock, einige schwer verletzt. Augenzeugen berichten von Szenen, die man sonst nur aus amerikanischen Nachrichtensendungen kennt – und hoffen nie wieder erleben zu müssen.
Die Suche nach Antworten
Innenminister Gerhard Karner reiste noch am selben Mittag nach Graz, um sich persönlich ein Bild zu machen. Die Regierung äußerte ihr tiefstes Mitgefühl, versprach Unterstützung und forderte eine lückenlose Aufklärung.
Die Ermittlungen konzentrieren sich aktuell auf die Psyche des Täters. Offenbar litt der junge Mann, Anfang 20, an psychischen Problemen und war vor mehreren Jahren von der Schule verwiesen worden. Was ihn letztlich zu dieser grausamen Tat trieb – das müssen nun Experten und Ermittler herausfinden.
Laut Überlenden des Amoklaufs soll es sich um den ehemaligen Schüler Samuel Haider handeln. Der bekennende Waffennarr hat 2023 versucht über ein Rekrutierungsbüro in Serbien bei der Söldnertruppe „Wagner“ anzuheuern, ist aber aus ungenannten Gründen abgelehnt worden.

Gesellschaft im Alarmzustand
Österreich steht unter Schock. In den sozialen Netzwerken überschlagen sich die Kommentare. Viele fordern Konsequenzen – schnell und deutlich. Andere mahnen zur Besonnenheit.
Obwohl das Land vergleichsweise strenge Waffengesetze hat, flammt die Diskussion um Sicherheit an Schulen erneut auf. Brauchen wir mehr Kontrollen? Mehr psychologische Betreuung für Schüler? Oder einfach mehr Menschlichkeit im Umgang mit jenen, die sich am Rand fühlen?
Diese Fragen hallen nach – in den Klassenzimmern, in den Wohnzimmern, auf den Straßen.
Besonders tragisch: Viele der Opfer waren noch nicht einmal volljährig. Ihre Schulzeit hätte der Start in ein selbstbestimmtes Leben sein sollen – stattdessen endete sie in einer Kugelhölle. Ihre Schicksale sind nun traurige Mahnmale für ein Problem, das zu oft unter der Oberfläche brodelt: Jugend, Verzweiflung, Waffen – eine explosive Mischung.
„Er war still, aber freundlich“, erinnert sich eine ehemalige Mitschülerin des Täters. „Aber manchmal hatte er diesen leeren Blick – wie jemand, der schon lange nicht mehr dazugehört.“
Wie oft schauen wir weg, wenn jemand Hilfe braucht? Wie oft trauen wir uns nicht, ein Gespräch zu beginnen, das vielleicht den Unterschied machen könnte?
Die Stadt Graz hat inzwischen mehrere Krisenteams eingerichtet. Psychologische Ersthelfer sind im Dauereinsatz, um den traumatisierten Schülern, Lehrern und Angehörigen beizustehen. Das BORG wird für mehrere Tage geschlossen bleiben.
Gleichzeitig wächst die Solidarität: Kerzen und Blumen vor dem Schulgebäude, stille Mahnwachen, Spendenaktionen – eine Gesellschaft rückt zusammen, wenn der Schmerz zu groß wird, um ihn allein zu tragen.
Diese Tragödie hat tiefe Narben hinterlassen – bei den Angehörigen, bei den Überlebenden und bei all jenen, die sich fragen: Wie konnte das passieren?
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Österreich bereit ist, aus diesem grausamen Kapitel zu lernen. Nicht nur mit neuen Gesetzen oder Sicherheitskonzepten, sondern mit einem offenen Blick für die leisen Warnzeichen, die man zu oft überhört.
Denn eines ist klar: Hinter jeder Statistik steht ein Mensch. Ein Kind. Ein Lehrer. Ein Freund.
Und genau diese dürfen wir nicht vergessen.
Von C. Hatty
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