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Der Widerstand gegen Donald Trumps Wirtschaftspolitik nimmt Fahrt auf – und zwar nicht nur in Nordamerika, sondern auch in Europa. Immer mehr Menschen rufen dazu auf, Produkte und Dienstleistungen amerikanischer Unternehmen zu boykottieren. Der Grund: Trumps aggressive Handelspolitik und seine Haltung im Ukraine-Krieg.

Von Netflix bis Cola: Boykottaufrufe auf Social Media

„Ich habe gerade Netflix und Disney+ gekündigt. Als Grund habe ich ‚Boykott US-Produkte‘ angegeben“, schreibt Murielle in einer Facebook-Gruppe. Ironischerweise nutzt sie dabei eine Plattform, die zu Meta gehört – einem US-Konzern. Doch dieser Widerspruch hält viele nicht davon ab, sich dem Protest anzuschließen.

In Kanada und Europa verbreiten sich Aufrufe, keine amerikanischen Produkte mehr zu kaufen. Ob Mode, Lebensmittel, Streaming-Dienste oder Autos – alles, was aus den USA kommt, gerät in den Fokus. Der Protest richtet sich besonders gegen Trumps wirtschaftlichen Druck auf Kanada sowie seine diplomatischen Konfrontationen mit Europa.

Kanada als Ausgangspunkt der Bewegung

Der Ursprung der Boykottwelle liegt in Kanada. Auslöser waren neue Zölle, die Trump am 4. März eingeführt hat. Zusätzlich äußerte er die absurde Idee, Kanada zum 51. US-Bundesstaat zu machen – eine Provokation sondergleichen.

Premierminister Justin Trudeau reagierte prompt: In einer Pressekonferenz am 3. Februar rief er seine Landsleute auf, kanadische Produkte zu bevorzugen. „Es ist Zeit, sich für Kanada zu entscheiden“, erklärte er. Ob beim Einkaufen oder bei der Urlaubsplanung – Trudeau forderte seine Bürger auf, bewusst kanadische Produkte und Dienstleistungen zu unterstützen. Er gab konkrete Beispiele: lieber Whisky aus Kanada als Bourbon aus Kentucky, lieber kanadischer Apfelsaft statt Florida-Orangensaft.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. In sozialen Netzwerken kursieren Listen mit US-Produkten, die gemieden werden sollen. Einige Provinzen erwägen sogar, amerikanische Alkoholmarken aus staatlich kontrollierten Läden zu verbannen. Der Tourismusverband der USA warnt bereits vor massiven finanziellen Einbußen: Sollten Kanadier ihre Reisen in die Vereinigten Staaten stornieren, könnten Verluste von bis zu 2,1 Milliarden Dollar entstehen.

Der Protest erfasst Europa

Was in Kanada begann, schwappte rasch nach Europa über. Nachdem es zu einem diplomatischen Schlagabtausch zwischen dem US-Vizepräsidenten J. D. Vance und der dänischen Regierung kam, gründeten dänische Aktivisten am 3. Februar die Facebook-Gruppe „Boycott varer fra USA“ („Boykottiert US-Produkte“). Die Gruppe zählt inzwischen über 60.000 Mitglieder, die sich gegenseitig Tipps geben, welche europäischen Alternativen es zu US-Produkten gibt.

Auch in Schweden schlossen sich Tausende an. Ein dortiger Boykottaufruf, der am 19. Februar startete, gewann innerhalb weniger Tage fast 55.000 Mitglieder. Die Organisatoren erklärten, ihre Initiative sei aus „Frustration“ entstanden – seit Trump am 20. Januar 2025 erneut ins Weiße Haus eingezogen ist, habe sich die Welt „noch unberechenbarer“ entwickelt.

Trump vs. Zelensky: Ein weiterer Funke, der das Feuer entfacht

Ein weiteres Ereignis, das die Protestwelle befeuerte, war eine hitzige Auseinandersetzung zwischen Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Kurz darauf gründete der französische Hopfenbauer Édouard Roussez eine Facebook-Gruppe mit dem Titel: „Marre de financer les dérives impérialistes américaines?“ („Genug davon, Amerikas imperialistische Exzesse zu finanzieren?“). Sein Ziel: eine Plattform für Menschen, die bewusst europäische Produkte statt US-Waren kaufen wollen.

In der Gruppe tauschen sich Mitglieder darüber aus, wie sie US-Marken im Alltag ersetzen können. Statt Coca-Cola trinken sie Breizh Cola, statt McDonald’s geht es zu Quick – einer belgischen Fast-Food-Kette. Auch Starbucks wird boykottiert, stattdessen setzt man auf Columbus Café, eine französische Alternative. Selbst Pampers-Windeln stehen auf der roten Liste, weil sie zu Procter & Gamble gehören.

Ein besonderer Dorn im Auge vieler Boykott-Befürworter: Tesla. Das von Elon Musk gegründete Unternehmen gilt vielen als Symbol für Trumps wirtschaftlichen Erfolg. Seit die US-Regierung zudem Unterstützung für die deutsche AfD signalisiert hat, riefen europäische Politiker wie der polnische Tourismusminister Slawomir Nitras zu einer „klaren Antwort“ in Form eines Boykotts auf.

Amazon, Facebook & Co.: Boykott digitaler Dienste

Die Boykottbewegung macht auch vor der digitalen Welt nicht halt. Immer mehr Menschen verlassen Streaming-Dienste wie Netflix und kündigen ihre Prime-Mitgliedschaft bei Amazon. Auch soziale Netzwerke stehen unter Druck: Facebook, Instagram und WhatsApp – allesamt US-Unternehmen – werden von vielen Aktivisten als Teil des Problems gesehen.

Besonders bemerkenswert: Einige Nutzer kehren Twitter, das heute unter dem Namen X firmiert, den Rücken. Elon Musk, als Eigentümer der Plattform, wird von Kritikern als enger Verbündeter Trumps wahrgenommen. Der digitale Exodus zeigt, wie weit der Protest inzwischen reicht.

Wie wirksam ist der Boykott wirklich?

Obwohl die Boykottaufrufe immer lauter werden, bleibt die Frage: Hat das Ganze überhaupt eine wirtschaftliche Wirkung? Tatsächlich ist es schwer zu messen, ob US-Konzerne bereits Umsatzrückgänge spüren. Kritiker warnen zudem davor, dass einige US-Produkte zwar von amerikanischen Marken stammen, aber in Europa produziert werden. In Frankreich hergestellte Coca-Cola-Flaschen zu boykottieren, könnte also auch französische Arbeitsplätze gefährden.

Doch für viele geht es um mehr als nur wirtschaftliche Zahlen. Der Boykott ist ein Zeichen – eine politische Botschaft, die sagt: Wir akzeptieren Trumps Politik nicht. Und selbst wenn er wirtschaftlich nicht sofort spürbar ist, zeigt die Bewegung eines ganz deutlich: Die Ablehnung gegenüber Donald Trump wächst, und viele Europäer und Kanadier sind nicht länger bereit, still zuzusehen.

Autor: Catherine H.

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