Tag & Nacht


Frankreich trauert. Und mit ihm eine Filmwelt, die ohne sie kaum vorstellbar gewesen wäre. Brigitte Bardot ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Bestätigt wurde ihr Tod am Sonntagmorgen, dem 28. Dezember 2025, von der nach ihr benannten Stiftung. Damit endet ein Leben, das weit über Kino, Glamour und Prominenz hinausreichte – ein Leben voller Widersprüche, Provokationen, Brüche. Und voller Wirkung.

Geboren am 28. September 1934 in Paris, wurde Bardot bereits in jungen Jahren zu einem Gesicht ihrer Zeit. Ihr Tod, eingetreten am 28. Dezember 2025 in Saint-Tropez, schließt ein Kapitel französischer Kulturgeschichte, das die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat. Kaum eine andere Persönlichkeit verband Kino, gesellschaftliche Debatte und politische Reibung so eng miteinander.

der Mythos entstand früh. Bardot begann als jugendliches Model, tanzte Ballett, posierte für Magazine. Doch es war das Kino, das sie unaufhaltsam in den Rang einer Weltfigur hob. Mit Et Dieu… créa la femme explodierte ihre Bekanntheit. Der Film von Roger Vadim zeigte eine neue Weiblichkeit – sinnlich, selbstbestimmt, frei von Scham. Bardot wurde zur Projektionsfläche einer Gesellschaft im Umbruch. Für die einen Provokation, für andere Verheißung. Für viele schlicht ein Schock. Und genau darin lag ihre Kraft.

In den fünfziger und sechziger Jahren arbeitete sie mit Regisseuren, die selbst Geschichte schrieben. Jean-Luc Godard, Henri-Georges Clouzot, Jean-Pierre Melville – Namen, die heute ehrfürchtig ausgesprochen werden. Filme wie La Véritéoder Le Mépris machten deutlich, dass Bardot mehr war als ein blondes Sexsymbol. Sie spielte Frauen, die litten, liebten, widersprachen. Und sie tat das mit einer Direktheit, die damals ungewohnt wirkte. Kein akademisches Schauspiel, sondern ein Spiel aus Instinkt, Körper, Blick. Man mochte das oder eben nicht. Gleichgültig ließ es niemanden.



Dann kam der Schnitt. 1973, auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, zog sich Bardot vollständig aus dem Filmgeschäft zurück. Kein Abschied auf rotem Teppich, kein letzter großer Auftritt. Einfach Schluss. Viele verstanden das nicht. Manche hielten es für Eskapismus. In Wahrheit begann hier ihr zweites, nicht minder öffentliches Leben.

Denn Bardot wandte sich mit voller Energie dem Tierschutz zu. 1986 gründete sie die Fondation Brigitte Bardot, die bald zu einer der bekanntesten Tierschutzorganisationen Europas wurde. Robbenjagd, industrielle Massentierhaltung, Tierversuche – Bardot mischte sich ein, laut, kompromisslos, oft wütend. Diplomatie lag ihr nie. Sie schrieb offene Briefe, attackierte Politiker, nutzte ihren Ruhm als Rammbock. Das gefiel nicht allen. Aber es zeigte Konsequenz. Sie meinte es ernst, verdammt ernst.

Mit den Jahren verdunkelte sich jedoch das Bild. Bardot äußerte sich zunehmend zu politischen und gesellschaftlichen Fragen, insbesondere zu Immigration und nationaler Identität. Ihre Worte waren scharf, pauschal, verletzend. Mehrfach wurde sie dafür verurteilt. Das führte zu einer Spaltung ihres Vermächtnisses. Für manche blieb sie die Freiheitsikone, für andere eine Figur, die sich verrannt hatte. Beides existierte nebeneinander. Und vielleicht gehört genau das zu ihrer Geschichte.

Bardot war nie bequem. Sie wollte es nicht sein. Sie sprach oft spontan, sagte Dinge, die andere nur murmelten. Das machte sie angreifbar, aber auch authentisch. Man konnte ihr vieles vorwerfen – Gleichgültigkeit gehörte nicht dazu. Sie lebte, wie sie sprach: radikal, emotional, ohne Rückversicherung.

Die Reaktionen auf ihren Tod fielen entsprechend vielstimmig aus. Politiker würdigten ihren Mut, Künstler erinnerten an ihre Wirkung auf Mode, Musik, Film. Tierschützer verloren eine ihrer sichtbarsten Verbündeten. Und irgendwo dazwischen saß das Publikum, das mit Bardot aufgewachsen war – oder sich an ihr gerieben hatte. Ihre blonde Silhouette, das lässige Haar, der Blick zwischen Trotz und Melancholie bleiben Teil des kollektiven Gedächtnisses.

Mit dem Tod von Brigitte Bardot verschwindet keine einfache Heldin. Es geht eine Figur, die das 20. Jahrhundert in all seiner Ambivalenz widerspiegelt. Befreiung und Verhärtung, Aufbruch und Abgrenzung, Glanz und Streit. Sie hat ästhetische Codes verändert, gesellschaftliche Debatten angeheizt, Engagement neu definiert. Und sie hat gezeigt, dass Berühmtheit eine Last sein kann – oder ein Werkzeug.

Jetzt ist es still geworden in Saint-Tropez. Kein Blitzlicht mehr, kein Aufschrei. Aber das Echo bleibt. In Filmen, Bildern, Debatten. Bardot war nie nur ein Star. Sie war ein Ereignis. Und Ereignisse verschwinden nicht einfach. Sie wirken nach.

Autor: Andreas M. Brucker

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