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Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH), mit Sitz in Den Haag, Niederlande, ist eine zentrale Institution des internationalen Strafrechts. Seit seiner Gründung im Jahr 2002 verfolgt er das Ziel, die schwersten Verbrechen, die die internationale Gemeinschaft betreffen, zu ahnden.

Aufgaben und Zuständigkeiten des IStGH

Der IStGH ist zuständig für die Verfolgung von vier Hauptverbrechen:

  • Völkermord: Handlungen mit der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören.
  • Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Weitverbreitete oder systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich Mord, Versklavung, Folter und Vergewaltigung.
  • Kriegsverbrechen: Schwere Verstöße gegen die Genfer Konventionen, wie gezielte Angriffe auf Zivilisten oder die Misshandlung von Kriegsgefangenen.
  • Verbrechen der Aggression: Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung eines Angriffskrieges, der gegen die Charta der Vereinten Nationen verstößt.

Der Gerichtshof agiert nach dem Prinzip der Komplementarität, das bedeutet, er wird nur tätig, wenn nationale Justizsysteme nicht willens oder in der Lage sind, diese Verbrechen zu verfolgen. Seine Zuständigkeit erstreckt sich auf Verbrechen, die nach dem 1. Juli 2002 begangen wurden, dem Datum des Inkrafttretens des Römischen Statuts, dem Gründungsvertrag des IStGH.

Stellung des IStGH im internationalen Rechtssystem

Als erste ständige internationale Strafgerichtsbarkeit ist der IStGH ein Meilenstein in der Entwicklung des Völkerrechts. Er agiert unabhängig von den Vereinten Nationen, arbeitet jedoch eng mit ihnen zusammen. Seine Entscheidungen und Urteile tragen zur Weiterentwicklung des internationalen Strafrechts bei und setzen Maßstäbe für die Ahndung schwerster Verbrechen.

Trotz seiner bedeutenden Rolle steht der IStGH vor Herausforderungen. Einige Staaten, darunter die USA, Russland und China, haben das Römische Statut nicht ratifiziert und erkennen die Gerichtsbarkeit des IStGH nicht an. Dies schränkt die universelle Durchsetzungskraft des Gerichtshofs ein. Zudem ist der IStGH auf die Kooperation der Mitgliedsstaaten angewiesen, da er keine eigene Exekutivgewalt besitzt, um Haftbefehle durchzusetzen.

Bedeutende Haftbefehle des IStGH

Seit seiner Gründung hat der IStGH mehrere Haftbefehle gegen hochrangige Persönlichkeiten erlassen:

  • Omar al-Baschir: Der ehemalige Präsident des Sudan wurde 2009 und 2010 wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Darfur angeklagt.
  • Joseph Kony: Anführer der Lord’s Resistance Army (LRA) in Uganda, gesucht seit 2005 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, darunter Mord, Versklavung und Zwangsrekrutierung von Kindern.
  • Muammar al-Gaddafi: Der libysche Staatschef wurde 2011 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit der Niederschlagung von Protesten angeklagt.
  • Laurent Gbagbo: Ehemaliger Präsident der Elfenbeinküste, angeklagt 2011 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach den Wahlen 2010.
  • Uhuru Kenyatta: Der kenianische Präsident wurde 2011 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach den Wahlen 2007 angeklagt; das Verfahren wurde jedoch 2014 mangels Beweisen eingestellt.
  • Wladimir Putin: Im März 2023 erließ der IStGH einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit der Deportation ukrainischer Kinder während des Ukraine-Krieges.
  • Benjamin Netanjahu: Im November 2024 erließ der IStGH Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten sowie den ehemaligen Verteidigungsminister Joav Galant und den Hamas-Anführer Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen.

Diese Haftbefehle unterstreichen die Entschlossenheit des IStGH, Verantwortliche für schwerste Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, unabhängig von ihrer politischen oder militärischen Position.

Herausforderungen und Kritik

Trotz seiner wichtigen Rolle sieht sich der IStGH mit Kritik konfrontiert. Einige afrikanische Staaten werfen ihm vor, sich unverhältnismäßig auf Afrika zu konzentrieren, während Verbrechen in anderen Regionen unbeachtet blieben. Zudem wird die Effektivität des Gerichtshofs infrage gestellt, da mehrere Haftbefehle, insbesondere gegen amtierende Staatsoberhäupter, bislang nicht vollstreckt wurden.

Die jüngsten Haftbefehle gegen Persönlichkeiten wie Wladimir Putin und Benjamin Netanjahu zeigen jedoch, dass der IStGH bereit ist, auch gegen mächtige Akteure vorzugehen. Dies könnte ein Zeichen für eine ausgewogenere und umfassendere Strafverfolgung sein.

Der Internationale Strafgerichtshof spielt eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Straflosigkeit bei schwersten Verbrechen. Trotz bestehender Herausforderungen und Kritik bleibt seine Mission, Gerechtigkeit für Opfer zu schaffen und zukünftige Verbrechen zu verhindern, von zentraler Bedeutung für die internationale Gemeinschaft.

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