Tag & Nacht




Es war ein Schlachtruf. Eine Ansage an die Welt: „Drill, baby, drill!“ Donald Trump wollte Amerikas Ölindustrie ankurbeln – mit aller Macht. Doch jetzt? Jetzt sieht es so aus, als würden genau seine eigenen Entscheidungen diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung machen. Verrückte Welt, oder?

Seit dem vergangenen Wochenende geistern Zahlen durch die Finanzwelt, die Ölmanager schlecht schlafen lassen: Der Preis für Rohöl liegt bei knapp 60 Dollar pro Barrel. So tief wie seit vier Jahren nicht mehr. Und das hat Folgen. Große.

Denn für viele Unternehmen in der Branche ist diese Marke mehr als nur eine Zahl – sie ist eine Art psychologische Grenze. Und eine wirtschaftliche. „Unterhalb dieses Niveaus wird es schwierig, wirtschaftlich tragfähige Bohrprojekte zu realisieren“, erklärte die Energieexpertin Rebecca Elliott.

Wenn der Bohrer stillsteht

Die aktuelle Situation fühlt sich für die Branche an wie ein Spießrutenlauf: Einerseits steigen die Produktionskosten, andererseits sinken die Verkaufspreise. Der Grund? Trump selbst. Genauer gesagt: seine Importzölle – insbesondere auf Stahl.

Die neue Preislast macht sich bemerkbar. Der Bau neuer Bohrlöcher ist heute rund 10 bis 20 Prozent teurer als noch vor wenigen Monaten. Und das ist kein Pappenstiel. Dazu kommen weltwirtschaftliche Sorgen: Die Furcht vor einer globalen Konjunkturabkühlung wächst. Und dann hat auch noch die OPEC angekündigt, die Fördermenge zu erhöhen. Ein Cocktail, der Investoren nicht gerade euphorisch stimmt.

Wenn der Ölpreis weiter fällt – und das halten viele Fachleute mittlerweile für wahrscheinlich –, könnte die US-Ölproduktion nicht nur stagnieren, sondern sogar schrumpfen.

Weniger Öl – mehr Klimaschutz?

Man könnte jetzt denken: Weniger Öl bedeutet weniger CO₂. Na klar, oder? Leider ist es nicht ganz so einfach. Zwar sinken in wirtschaftlich ruhigeren Zeiten oft auch die Emissionen – das hat man in vergangenen Krisenjahren schon gesehen. Aber: Eine schwächelnde Wirtschaft kann auch die Investitionen in erneuerbare Energien ausbremsen. Windräder, Solarfelder, Speicherlösungen – all das braucht Geld und Vertrauen in stabile Rahmenbedingungen.

Und genau das fehlt gerade.

Die großen Förderer fossiler Energie hatten sich während Trumps Wahlkampf großzügig gezeigt – politisch wie finanziell. Jetzt, wo ihnen die eigenen Bohrvorhaben aus der Hand gleiten, ist das Geschrei hinter verschlossenen Türen groß. Elliott berichtet, dass in den Chefetagen die Stimmung kippt – Unmut macht sich breit, Wut gärt.

Ein kurzer Blick hinter die Kulissen

Man stelle sich vor: Da investiert man Millionen in politische Unterstützung, erwartet im Gegenzug eine goldene Zukunft – und bekommt stattdessen Strafzölle und Absatzkrisen serviert. Kein Wunder, dass da so mancher CEO leise flucht.

Der Fall zeigt exemplarisch, wie kompliziert das Verhältnis zwischen Klimapolitik, Wirtschaft und politischen Entscheidungen geworden ist. Denn während Trumps Administration eigentlich „America first“ propagiert, scheinen die Nebeneffekte dieser Politik die eigene Industrie empfindlich zu treffen – ganz ohne ökologische Regulierung.

Was nun?

Das ist die große Frage. Werden die Unternehmen ihre Strategien anpassen? Werden sie verstärkt auf technologische Innovationen setzen – etwa auf Effizienzsteigerung, Digitalisierung oder saubere Alternativen? Oder versuchen sie, sich durch Lobbyarbeit und neue Subventionen wieder ins Spiel zu bringen?

Und noch eine viel grundlegendere Frage drängt sich auf: Wie lange kann man sich überhaupt noch an einem fossilen Wirtschaftsmodell festklammern, ohne die Klimaziele komplett zu verfehlen?

Die aktuelle Situation könnte – so paradox es klingt – ein Weckruf sein. Ein Moment der Erkenntnis: Dass der Pfad in die Zukunft nicht mehr über endlose Bohrungen in den Boden führt, sondern über intelligente, klimafreundliche Strategien, die langfristig funktionieren.

Wäre es nicht an der Zeit, umzudenken?

Von Andreas M. Brucker

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