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Während sich die transatlantischen Spannungen über die Ukraine-Politik verschärfen, haben sich Großbritannien, Frankreich und die Ukraine darauf verständigt, einen gemeinsamen Waffenstillstandsplan zu erarbeiten. Das Ziel: Eine diplomatische Lösung für den anhaltenden Krieg zu entwickeln und diese den USA vorzulegen.

Europas diplomatische Initiative

Der britische Premierminister Keir Starmer betonte vor Beginn des Londoner Gipfels, dass sich das Treffen auf eine diplomatische Lösung konzentriere. „Wir haben uns darauf geeinigt, dass Großbritannien zusammen mit Frankreich und möglicherweise weiteren Partnern mit der Ukraine an einem Plan zur Beendigung der Kämpfe arbeitet“, erklärte er.

Die diplomatischen Bemühungen wurden durch den jüngsten Konflikt zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj überschattet. Bei einem Treffen im Weißen Haus hatte Trump Selenskyj öffentlich für seine angebliche Undankbarkeit gegenüber den USA kritisiert – ein Affront, der in Europa für Bestürzung sorgte.

Eine europäische Schutztruppe für die Ukraine?

Auf dem Gipfel wird auch die Möglichkeit der Entsendung einer europäischen Schutztruppe nach Ukraine diskutiert. Starmer sprach von einer „Koalition der Willigen“, die bereit sein könnte, einen möglichen Waffenstillstand militärisch abzusichern. Die Frage bleibt jedoch, ob europäische Staaten bereit sind, eine solche Mission zu tragen – sowohl finanziell als auch politisch.

Starmer äußerte zudem Zweifel an der Verlässlichkeit Russlands, erklärte jedoch sein Vertrauen in Trump. „Glaubt Trump an einen dauerhaften Frieden? Ja, das glaube ich“, sagte der britische Premierminister. Eine zentrale Frage der Gespräche sei es, eine Sicherheitsgarantie von den USA als Teil eines möglichen Friedensabkommens zu erhalten.

Europas neue Rolle in der Ukraine-Politik

Die Notwendigkeit einer eigenständigen europäischen Ukraine-Strategie wird immer dringlicher. Seit Trump direkte Gespräche mit Wladimir Putin initiiert hat, wächst in Europa die Sorge, dass Washington seine Rolle als strategischer Partner in der Ukraine-Frage reduziert.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht den Fokus der USA zunehmend auf China und Asien gerichtet. Er forderte eine stärkere militärische Eigenständigkeit Europas. „Wir hätten früher aufwachen müssen“, räumte er ein.

Auch der tschechische Premierminister Petr Fiala drängte auf ein entschlosseneres Vorgehen. „Wenn wir unsere Anstrengungen nicht schnell genug erhöhen und dem Aggressor die Bedingungen diktieren lassen, wird das für uns schlecht ausgehen“, warnte er.

Finanzielle und militärische Zusagen

Um die Ukraine langfristig zu unterstützen, könnte Europa auf eingefrorene russische Vermögenswerte in Höhe von rund 200 Milliarden Euro zurückgreifen. Diese Mittel könnten zur Stärkung der ukrainischen Verteidigung oder zum Wiederaufbau verwendet werden.

Gleichzeitig kündigte Starmer eine Erhöhung des britischen Verteidigungshaushalts auf 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts bis 2027 an. Auch andere europäische Länder könnten diesem Beispiel folgen. Fiala forderte sogar eine Erhöhung auf mindestens 3 %.

Unsicherheit über die US-Position

Die Gespräche in London sollten eigentlich eine neue diplomatische Dynamik bringen. Doch die harsche Konfrontation zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus stellte die transatlantischen Beziehungen auf eine neue Belastungsprobe.

Rachel Ellehuus vom Royal United Services Institute bewertete das Treffen in Washington als Rückschlag für die westlichen Bemühungen: „Starmer hat eindrucksvoll Europas Fähigkeit zur Führung unterstrichen. Doch das Weiße Haus-Treffen (zwischen Trump und Selenskyj) war ein herber Rückschlag.“

Mit Trumps Weigerung, feste Sicherheitszusagen für die Ukraine zu geben, scheint Kiew kaum noch auf politische oder militärische Unterstützung aus Washington zählen zu können. Dies erhöht den Druck auf Europa, eine eigenständige Strategie zu entwickeln – eine Herausforderung, auf die viele europäische Regierungen bislang keine klare Antwort haben.

Von Andreas Brucker

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