Tag & Nacht

Bevor sie den Gerichtssaal betrat, prangerte Marine Le Pen vor der Presse einen „politischen Prozess“ gegen ihre Bewegung an. Sie versicherte der Presse auch, dass sie diese Bilder „wieder veröffentlichen“ würde, wenn sie erneut vor der Entscheidung stünde.

marine Le Pen und Gilbert Collard standen beide vor Gericht, weil sie im Dezember 2015 Fotos von Misshandlungen durch den Islamischen Staat in sozialen Netzwerken gepostet hatten. Das Gericht von Nanterre verhängte am Mittwoch, 10. Februar, eine Geldstrafe von 5.000 Euro gegen Marine Le Pen und Gilbert Collard. Die Präsidentin des Rassemblement National (ehemals Front National) bestand auf ihre „Meinungs- und Informationsfreiheit“, während der Europa-Abgeordnete des RN sich als „Feind von Daech (ISIS)“ bezeichnete.

Die Politiker wurden wegen „Verbreitung gewalttätiger Botschaften“ oder „schwerer Verletzung der Menschenwürde, die von einem Minderjährigen gesehen werden kann“ angeklagt, eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von bis zu 75.000 Euro geahndet wird. Es handelte sich um Tweets, die nur wenige Wochen nach den vom Islamischen Staat beanspruchten Anschlägen in Paris und Seine-Saint-Denis veröffentlicht wurden.

„Das ist die Realität der Barbarei“
Marine Le Pen hatte drei Fotos von Ausschreitungen der Dschihadistengruppe gepostet, die einen bei lebendigem Leib unter den Ketten eines Panzers zerquetschten syrischen Soldaten, einen jordanischen Piloten, der bei lebendigem Leib in einem Käfig verbrannt wurde, und die enthauptete Leiche des amerikanischen Journalisten James Foley mit dem Kopf auf dem Rücken zeigten. Sie hatte als Antwort auf einen Tweet des Journalisten Jean-Jacques Bourdin die Worte: „Daech (ISIS), das ist es!“ hinzugefügt. Der Journalist „machte einen Vergleich zwischen dem RN und Daech, indem er sagte, dass es eine ‚Geistesgemeinschaft‘ zwischen dem Rassemblement National und Daech gibt“, sagte Marine Le Pen. „Deshalb habe ich Herrn Bourdin direkt mit zwei Tweets zur Vernunft gebracht“, sagte sie.

Gilbert Collard, damals Abgeordneter für die Region Gard, hatte seinerseits am selben Tag auf seinem Facebook- und Twitter-Account das Foto eines am Boden liegenden Mannes mit eingeschlagenem Schädel mit folgendem Kommentar weitergegeben: „Bourdin vergleicht den FN mit Daech: das Gewicht der Worte und der Schock der Wunden!“. Die Fotos seien unbearbeitet und „alle aus der Propaganda des Islamischen Staates“, sagte er. „Das ist die Realität der Barbarei, wir können den Kopf in den Sand stecken, aber diese Bilder mit ihrer Gewalttätigkeit stellen uns der Realität des Verbrechens gegenüber und erinnern uns an die Dummheit des von Jean-Jacques Bourdin angestellten Vergleichs“, äusserte sich David Dassa-Le Deist, ein weiterer Berater von Marine Le Pen.

Fotos mit einem „bekehrenden Charakter“
„Halten Sie diese Fotos für einen Affront gegen die Menschenwürde?“, fragte der Präsident auch die beiden Angeklagten. „Nein“, antwortete Gilbert Collard. „Wenn ein Schwachkopf den Holocaust leugnet, bin ich durchaus in der Lage, ihm Bilder von Konzentrationslagern entgegenzuhalten“. „Es ist das Verbrechen, das die Menschenwürde verletzt, nicht die fotografische Wiedergabe davon“, verteidigte sich Le Pen vor Gericht wie in einer politischen Arena und wandte sich sowohl an die Richterin, als auch an die anwesenden Journalisten.

„War Ihnen bewusst, dass auch Minderjährige die Tweets sehen würde?“, fragte die Richterin. „Darüber habe ich wirklich nicht nachgedacht. Ich dachte an die Ausübung meiner Meinungs- und Informationsfreiheit“, antwortete Le Pen. „Und Sie hatten keine Angst, dass diese Fotos einen bekehrenden, aufstachelnden Charakter haben?“, fügte die vorsitzende Richterin hinzu. „Für mich sind diese Fotos entsetzlich schockierend und deshalb provozieren sie Ekel, Ablehnung und nicht Akzeptanz“, verteidigte die Präsidentin des Rassemblement National (RN).

Das relativ milde Urteil lautete auf 5.000 Euro Geldstrafe für die beiden Politiker der Rechtspartei.


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