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Die französische Datenschutzbehörde Cnil kündigte am Mittwoch an, „ein Kontrollverfahren“ gegen das Innenministerium einzuleiten, nachdem die investigative Website Disclose Informationen über die ungesetzliche Nutzung von Videoüberwachungssoftware durch die Polizei veröffentlicht hatte.

Laut den Enthüllungen der investigativen Journalisten des Online-Mediums Disclose am Dienstag, dem 14. November, verwenden die französischen Ordnungskräfte seit 2015 eine Gesichtserkennungssoftware, obwohl dies gesetzlich in Frankreich nicht erlaubt ist. Die Nationale Kommission für Informatik und Freiheiten (Cnil) kündigte am Mittwoch an, ein Kontrollverfahren gegen das Innenministerium einzuleiten.

Die benutzte Software nennt sich „Video Synopsis“ und ist ein Werkzeug, das mithilfe künstlicher Intelligenz Bilder von Kameras oder Drohnen analysiert und Personen identifiziert. Im Fachjargon spricht man von „algorithmischer Videoüberwachung“. Diese Software wurde von dem israelischen Start-up-Unternehmen Briefcam entwickelt, das heute zum Canon-Konzern gehört.

Die Informationen unserer Kollegen von Disclose sind, sollten sie sich bewahrheiten, brisant. Disclose behauptet, dass das französische Innenministerium seit 2015, also schon unter François Hollande, nach der Welle islamistischer Anschläge in Paris, und bis heute diese Software ohne echten Rechtsrahmen in Polizei- und Gendarmerieermittlungen eingesetzt haben soll. Die Gesichtserkennung soll in den Abteilungen für öffentliche Sicherheit in den Departements Seine-et-Marne, Rhône, Nord, Alpes-Maritimes und Haute-Garonne, aber auch in sensiblen Abteilungen wie dem Service interministériel d’assistance technique (Siat), der für verdeckte Ermittlungen, Abhörmaßnahmen und die Überwachung der Schwerkriminalität zuständig ist eingesetzt worden sein.

Dieser Einsatz erfolgte laut Disclose ohne jeglichen Rechtsrahmen. Der Gesetzgeber und die Cnil wurden nicht benachrichtigt „und das war so auch beabsichtigt“, behauptet der Journalist Mathias Destal aus dem Disclose-Team. Die Journalisten beziehen sich auf einen Austausch, der intern schriftlich zwischen mehreren ranghöheren Polizeibeamten aus verschiedenen Abteilungen stattgefunden haben soll. „In diesen Mitteilungen stehe schwarz auf weiß, dass die Software von mehreren Abteilungen verwendet werde, aber, da diese nicht bei der Cnil angemeldet sei, sei es besser, nicht offen darüber zu sprechen…“

Laut Disclose hätten die betroffenen Abteilungen spezielle Computer für die Gesichtserkennung eingerichtet und diese bei Ermittlungen oder Aufgaben der öffentlichen Ordnung regelmäßig genutzt.

Der französische Innenminister Darmanin hat in den letzten Monaten mehrfach seine Ablehnung der Gesichtserkennung zum Ausdruck gebracht. „Bin ich für die Gesichtserkennung? Die Antwort ist nein“, erklärte Gérald Darmanin im Oktober 2022 im Senat bei der Prüfung des Sicherheitskonzepts für die Olympischen Spiele 2024.

Nach Informationen von Disclose soll ein Teil der Polizei und der Gendarmerie schon seit langem dieses Werkzeug genutzt haben, das es ermöglicht, jeden Bürger automatisch zu erkennen.


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