Tag & Nacht




Griechenland schwitzt. Bis zu 45 Grad brennen die Thermometer in Mittelgriechenland, auf der Peloponnes, den Kykladen und Kreta – eine der härtesten Hitzewellen seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Folgen sind verheerend: Arbeitsverbote im Freien, brennende Wälder, Evakuierungen – und ein Tourismus, der ins Taumeln gerät.

Die griechischen Behörden haben schnell reagiert. Arbeiten im Freien wie Bauvorhaben, Lieferdienste oder Feldarbeit sind bis auf Weiteres eingestellt – die Mittagszeit gilt als Sperrzeit. Sehenswürdigkeiten wie die Akropolis in Athen bleiben in der prallen Mittagssonne geschlossen – ein seltenes, aber notwendiges Vorgehen zum Schutz von Menschen und Kulturgut. Öffentliche Räume mit Klimaanlagen wurden aktiviert – ein Rettungsanker für Ältere und Menschen ohne eigenen Kühlzugang. Kostenloses Wasser gibt’s am Syntagma-Platz in Athen – verteilt vom Roten Kreuz, ein Tropfen im brennenden Meer.

Trockenheit und Hitze sind ein zündendes Gemisch: Mehr als 40 Waldbrände wurden allein binnen 48 Stunden gemeldet. In Regionen wie Attika, Chalkidiki und auf Kreta flammt es immer wieder auf. Auf Kreta mussten rund 5.000 Menschen evakuiert werden, obwohl einige Feuer schon unter Kontrolle waren. Die Devise heißt: raus aus dem Feuer, rein in den Schatten – doch dieser Flüchtlingsweg ist kein Urlaub.

Besonders dramatisch: Rhodos. Die Insel wurde 2023 von den schlimmsten Bränden ihrer Geschichte getroffen. Kiefernwälder um Lindos und Kiotari brannten lichterloh, 19.000 Menschen, vor allem Tourist:innen, mussten per Boot evakuiert werden – die größte Rettungsaktion dieser Art in Griechenlands Geschichte. Die Insel stand still: Hotels wurden geräumt, Flüge gestrichen, Panik größer als die Flammen. Über 9.000 Hektar gingen in Rauch auf.

Der Sommer 2025 markiert einen weiteren Höhepunkt in der Reihe meteorologischer Extreme. Durchschnittswerte jenseits der 37 Grad sind keine Ausreißer mehr, sondern Realität. Wetterlagen, die früher einmal pro Jahrzehnt auftraten, gelten inzwischen als jährlich wiederkehrend. Die Wahrscheinlichkeit von Waldbränden steigt nicht nur, sie explodiert.

Und damit auch der Druck auf Griechenlands wichtigsten Wirtschaftszweig: den Tourismus. Reiseveranstalter berichten von rückläufigen Buchungen, Flüge werden kurzfristig gestrichen, Urlauber stornieren. Als Reaktion hat die Regierung auf Rhodos ein weltweit einmaliges Angebot gemacht: Wer im Sommer 2023 evakuiert wurde, darf im Frühling oder Herbst 2024 eine Woche gratis zurückkommen. Hotels stellen Unterkünfte bereit, der Staat zahlt Zuschüsse – bis zu 500 Euro pro Kopf. Ein symbolischer Akt – und ein wirtschaftlicher Rettungsversuch.

Die Aktion läuft in zwei Phasen: zunächst bis Mai, dann erneut im Oktober und November. Zehntausende, vor allem britische Urlauber, haben Anspruch. Die Hoffnung: verlorenes Vertrauen zurückgewinnen – und zeigen, dass Griechenland auch in der Krise an seine Gäste denkt.

Gleichzeitig verlagert sich die Urlaubssaison. Reiseplaner berichten von einem Trend: Spätsommer statt Hochsommer. Der Oktober gilt als das neue Juli – angenehmer, ruhiger, kalkulierbarer. Manche Hotels reagieren bereits, verlängern ihre Saison, bieten neue Pakete an. Romantik statt Hitzschlag.

Doch reicht das? Oder nagt die Angst längst am Reiselustgefühl? Wer will schon im Hochsommer im klimatisierten Hotelzimmer festsitzen? Für Griechenland heißt das: Einnahmeverluste im Jetzt – und langfristig die Notwendigkeit, sich klimafest neu zu erfinden.

Was also tun?

Ein Mix aus Soforthilfe und Weitblick scheint geboten: Brandschutz verbessern, Evakuierungspläne, Schattenräume ausbauen. Und gleichzeitig Städte, Strände und Hotels umbauen – ökologisch, hitzeresistent, zukunftssicher. Denn der Klimawandel ist kein Ausnahmezustand – er wird zur neuen Normalität.

Und für uns Urlauber bleibt die Frage: Wird der Sommerurlaub künftig im Herbst oder Winter stattfinden?

Autor: Andreas M. Brucker

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