Tag & Nacht


Der 28. Oktober – auf den ersten Blick ein gewöhnlicher Herbsttag. Doch in Wahrheit steckt in diesem Datum eine ganze Fülle weltbewegender Momente. Große Gesten der Freundschaft, entschlossene Nein-Sager, technische Durchbrüche und politische Wenden – all das geschah an einem 28. Oktober. Wer also glaubt, Geschichte sei verstaubt, der täuscht sich gewaltig.


Freiheit aus Kupfer und Hoffnung – die Einweihung der Freiheitsstatue (1886)

Im Jahr 1886 erhob sich im Hafen von New York eine neue Dame: die Freiheitsstatue. Sie war ein Geschenk Frankreichs an die Vereinigten Staaten, geschaffen vom französischen Bildhauer Auguste Bartholdi. Der Ingenieur Gustave Eiffel – ja, genau der vom Eiffelturm – war für die innere Konstruktion verantwortlich.

Diese Statue war weit mehr als ein hübsches Monument. Sie war eine Botschaft in Metall gegossen – ein Dank für die amerikanische Unterstützung in der französischen Revolution und zugleich ein Symbol für gemeinsame Werte: Freiheit, Demokratie und Hoffnung.

Wie viele Menschen müssen wohl damals den Atem angehalten haben, als Lady Liberty ihre Flamme zum ersten Mal über den Atlantik erhob? Für Einwanderer, die auf Schiffen nach New York kamen, wurde sie zum ersten Zeichen eines Neuanfangs.

Und heute? Da ist sie immer noch da – ein stiller Zeuge menschlicher Sehnsucht nach Freiheit. In Zeiten, in denen Grenzen und Zugehörigkeiten wieder hitzig diskutiert werden, erinnert sie uns daran, dass Freiheit kein Zustand, sondern eine fortlaufende Aufgabe ist.


Der Tag des „Nein“ – Griechenlands mutiger Widerstand (1940)

Springen wir einige Jahrzehnte weiter. Am 28. Oktober 1940 forderte der italienische Diktator Mussolini Griechenland auf, den italienischen Truppen freien Durchmarsch zu gewähren. Die Antwort des griechischen Ministerpräsidenten Ioannis Metaxas war kurz und deutlich: „Ochi!“ – „Nein!“

Dieses eine Wort reichte aus, um Geschichte zu schreiben. Griechenland trat in den Zweiten Weltkrieg ein, nicht aus Expansionsdrang, sondern aus dem Willen, sich nicht zu beugen. Dieses Nein wurde später zum Symbol des nationalen Widerstands – bis heute feiern die Griechen den sogenannten „Ochi-Tag“ mit Paraden, Musik und Stolz.

Das Echo dieses Moments hallt weit über Griechenlands Grenzen hinaus. Er zeigt, wie ein einziges Wort – gesprochen mit Überzeugung – das Schicksal eines Landes verändern kann. Wer hätte gedacht, dass aus einem schlichten „Nein“ ein Nationalfeiertag werden würde?


Frankreich 1958 – Die Geburt der Fünften Republik

Auch Frankreich selbst schrieb an diesem Datum ein bedeutendes Kapitel seiner Geschichte. Am 28. Oktober 1958 stimmte die Bevölkerung in einem Referendum über eine neue Verfassung ab. Die Vierte Republik war politisch instabil geworden, die Algerienkrise hatte das Land gespalten, und General Charles de Gaulle drängte auf Reformen.

Das Ergebnis: eine überwältigende Zustimmung. Damit war die Fünfte Republik geboren – ein System mit einem starken Präsidenten an der Spitze. De Gaulle übernahm wenige Wochen später das Amt und legte den Grundstein für das moderne Frankreich, wie wir es heute kennen.

Ohne diesen Schritt wäre die französische Politik vermutlich ein anderes Kapitel geworden – fragmentierter, anfälliger für Krisen. Stattdessen entwickelte sich Frankreich zu einer stabilen Demokratie mit klarer Machtverteilung. Dass dieses Modell bis heute Bestand hat, ist keine Selbstverständlichkeit.


Ein kleiner Blick ins All – und auf die Gegenwart

Der 28. Oktober hat noch mehr zu bieten. 1962 endete an diesem Tag die Kubakrise, die die Welt an den Rand eines Atomkriegs geführt hatte. Nach tagelangen Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion wurde eine friedliche Lösung erzielt. Die Menschheit atmete kollektiv auf – ein Moment, der zeigt, dass Vernunft manchmal lauter sprechen kann als Drohungen.

Und dann, ein Sprung in die Zukunft: Am 28. Oktober 2009 startete das erste Testsignal des Galileo-Navigationssystems der Europäischen Union. Es war der Beginn einer neuen Ära europäischer Unabhängigkeit im All. Heute nutzen Millionen Smartphones dieses System – oft ohne zu wissen, dass der Grundstein an einem 28. Oktober gelegt wurde.


Die Linien der Geschichte

Wenn man den 28. Oktober durch die Jahrhunderte betrachtet, erkennt man ein erstaunliches Muster: Mut, Freiheit, Erneuerung. Ob Bartholdis Statue in Amerika, Metaxas’ Nein in Athen oder de Gaulles neue Republik in Paris – alle diese Momente sind Ausdruck derselben Idee: Menschen und Völker, die selbst über ihr Schicksal bestimmen wollen.

Und vielleicht ist das die schönste Lehre dieses Datums: Geschichte ist kein Archiv alter Taten, sondern ein Spiegel menschlicher Entscheidungen.

Wer weiß, welche Entscheidungen gerade heute – an einem weiteren 28. Oktober – getroffen werden, die eines Tages in den Geschichtsbüchern stehen?

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!