Jedes Jahr am 29. September begehen wir den Internationalen Tag der Aufmerksamkeit für Lebensmittelverluste und -verschwendung. Ein sperriger Titel, könnte man meinen – doch hinter diesem Tag steckt eine dringliche und zugleich globale Herausforderung, die uns alle betrifft. Egal, ob wir täglich bewusst einkaufen oder hin und wieder Lebensmittelreste im Müll entsorgen, das Thema berührt jeden von uns. Die Frage ist: Warum verschwenden wir so viel und was können wir konkret dagegen tun?
Was steckt hinter dem Tag?
Die Vereinten Nationen haben diesen Tag ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für den immensen Verlust von Lebensmitteln auf der ganzen Welt zu schärfen. Laut Schätzungen der FAO (Food and Agriculture Organization) geht etwa ein Drittel aller weltweit produzierten Nahrungsmittel verloren oder wird verschwendet – ein schockierender Fakt, wenn man bedenkt, dass gleichzeitig Millionen von Menschen an Hunger leiden. Dieser Tag fordert uns auf, innezuhalten und zu überlegen, wie wir mit den Ressourcen unserer Erde umgehen.
Lebensmittelverluste und -verschwendung haben viele Gesichter. Sie beginnen bereits auf dem Acker, wenn Ernteüberschüsse nicht verkauft werden können und enden auf unseren Tellern, wenn wir mehr kochen, als wir essen können. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es viele weitere Faktoren: ineffiziente Lagerung, Transportprobleme, Supermärkte, die nur makellose Ware anbieten – und natürlich unsere eigene Kauf- und Konsumgewohnheiten.
Die Folgen der Verschwendung
Lebensmittelverluste sind nicht nur ein ethisches Problem. Sie haben tiefgreifende ökologische und ökonomische Konsequenzen. Stell dir vor: Alle Lebensmittel, die weltweit verschwendet werden, nehmen eine Anbaufläche ein, die fast der Größe von China entspricht. Hinzu kommt, dass der unnötige Einsatz von Wasser, Energie und Dünger enorme CO2-Emissionen verursacht – und das alles für Lebensmittel, die nie gegessen werden.
Für die Umwelt ist das eine Katastrophe. Besonders die Lebensmittel, die in der Mülltonne landen, sind eine immense Belastung. Beim Verrotten auf Mülldeponien setzen sie Methan frei – ein Treibhausgas, das viel stärker als CO2 wirkt. Kurz gesagt: Wenn wir weniger Lebensmittel verschwenden, tragen wir gleichzeitig aktiv zum Klimaschutz bei.
Aber warum verschwenden wir so viel?
Es ist eine spannende Frage, oder? Schließlich wissen wir doch alle, dass Lebensmittel wertvoll sind. Viele von uns haben in der Schule gelernt, keine Nahrung wegzuwerfen. Trotzdem passiert es im Alltag – und das liegt nicht nur an unserer Bequemlichkeit oder Nachlässigkeit. Die Ursachen sind vielfältig.
Ein Hauptgrund ist sicherlich unser Überangebot an Lebensmitteln. Supermärkte sind rund um die Uhr gefüllt, und in vielen Haushalten bedeutet „gut versorgt“ sein, dass der Kühlschrank überquillt. Wir kaufen oft mehr, als wir brauchen. Angebote wie „3 für 2“ verlocken uns zusätzlich, obwohl wir das Dritte gar nicht mehr schaffen, bevor es schlecht wird. Der Gedanke, dass jederzeit Nachschub vorhanden ist, lässt uns sorgloser werden.
Ein weiterer Grund: Unser Verhältnis zu Haltbarkeitsdaten. Wie oft werfen wir Lebensmittel weg, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist? Dabei heißt das nicht zwangsläufig, dass das Produkt nicht mehr genießbar ist. Hier fehlen oft Aufklärung und das Vertrauen in die eigenen Sinne. Geruch, Geschmack und Aussehen geben meist einen viel besseren Hinweis auf die Genießbarkeit als ein aufgedrucktes Datum.
Die Rolle der Industrie und Politik
Neben uns Konsumenten tragen natürlich auch andere Akteure Verantwortung – von der Landwirtschaft über die Lebensmittelindustrie bis hin zur Politik. In der Landwirtschaft gehen viele Produkte schon während der Ernte verloren, weil sie nicht die ästhetischen Ansprüche des Marktes erfüllen. Krummes Gemüse bleibt auf den Feldern liegen, weil Supermärkte makellose Produkte bevorzugen. Aber warum sollten wir keine krummen Gurken oder unregelmäßig geformte Karotten essen? Sie schmecken doch genauso gut!
Einige Initiativen setzen hier bereits an. Landwirte verkaufen „unperfekte“ Ware direkt an Verbraucher oder über spezielle Apps, die sich der Rettung von überschüssigen Lebensmitteln verschrieben haben. Diese Ideen sind fantastisch – aber reichen sie aus? Ohne politischen Druck und striktere Regelungen bleibt das Problem bestehen.
Politische Maßnahmen sind unerlässlich, um große Fortschritte zu erzielen. Einige Länder haben bereits Gesetze erlassen, die Supermärkte dazu verpflichten, unverkaufte Lebensmittel zu spenden, anstatt sie wegzuwerfen. In Frankreich etwa sind solche Maßnahmen bereits seit 2016 in Kraft. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber der globale Charakter des Problems erfordert auch globales Handeln – und das nicht nur auf staatlicher Ebene.
Was können wir tun?
Auch wenn Industrie und Politik gefragt sind, bedeutet das nicht, dass wir als Einzelpersonen machtlos sind. Ganz im Gegenteil: Jeder von uns kann im Alltag einen Unterschied machen. Der Schlüssel liegt in Bewusstsein und kleinen, aber effektiven Verhaltensänderungen.
Plane deine Einkäufe sorgfältiger. Das klingt so banal, doch wie oft kommt es vor, dass wir nach einem langen Arbeitstag spontan entscheiden, was auf den Tisch kommt – und plötzlich sind drei Sorten Käse im Kühlschrank, von denen zwei ablaufen, bevor wir sie essen? Indem wir uns vorab überlegen, was wir wirklich brauchen, können wir genau das vermeiden.
Eine weitere Möglichkeit: Reste kreativ verwerten. Hast du jemals ein „Restegericht“ zubereitet? Oft entstehen aus übrig gebliebenem Gemüse oder gekochten Nudeln die besten Gerichte. Im Internet gibt es zahlreiche Rezepte, die genau darauf abzielen, Reste zu nutzen, statt sie wegzuwerfen. Es ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für den Geldbeutel.
Und schließlich: Achte darauf, wie du mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum umgehst. Ein Joghurt, der ein paar Tage drüber ist, ist meist noch völlig in Ordnung. Probier ihn einfach – und entscheide dann.
Ein gemeinsamer Weg in die Zukunft
Der Internationale Tag der Aufmerksamkeit für Lebensmittelverluste und -verschwendung erinnert uns daran, dass dieses Problem eine Lösung braucht – und zwar von uns allen. Es ist leicht, sich ohnmächtig zu fühlen angesichts der Dimensionen des Problems, aber jeder kleine Schritt zählt. Stell dir vor, wir alle würden nur halb so viel verschwenden wie bisher. Welche Auswirkung hätte das wohl auf unsere Welt?
Gemeinsam können wir einen großen Beitrag leisten, um den Planeten und seine Ressourcen zu schützen. Manchmal braucht es nur ein bisschen mehr Achtsamkeit – und vielleicht den Mut, eine krumme Karotte zu kaufen.
MAB
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