Nach 53 Jahren schließt Jones Fashion seine Pforten. Eine Nachricht, die in Österreich für Wehmut sorgt – aber auch in Frankreich ihre Spuren hinterlässt. Denn das Traditionshaus aus Wien war längst mehr als nur eine lokale Größe. Mit Filialen in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Standorte, die französische Kundinnen im Blick hatten, war Jones Fashion Teil eines größeren, stilbewussten Ganzen.
Vom Wiener Chic zur europäischen Klasse
Was 1972 mit der Vision von Gabor Rose begann, entwickelte sich in den 1990er-Jahren zu einer kleinen Erfolgsgeschichte im europäischen Modehandel. Besonders mit der Expansion nach Deutschland, Italien und darüber hinaus – mit insgesamt 21 Auslandsfilialen – positionierte sich Jones als Marke für anspruchsvolle Damenmode. Der Look? Klassisch, urban, tragbar – ein Stil, der auch in Frankreich gut angekommen wäre, hätte man den Schritt über den Rhein gewagt.
Denn eines ist sicher: Der französische Markt, bekannt für seine Affinität zu hochwertiger Mode mit eleganter Zurückhaltung, hätte sich mit dem Wiener Understatement sicher gut verstanden. Die stilistische Nähe zum französischen „chic minimaliste“ war unverkennbar – schlichte Schnitte, dezente Farben, hochwertiger Stoff. Man hätte fast meinen können, Jones sei aus einem Pariser Atelier entsprungen.
Ein Ende mit Ansage
Doch selbst diese Stärke konnte das Unternehmen am Ende nicht retten. Zwei Insolvenzen (2019 und 2023), die Nachwirkungen der Pandemie und der nicht enden wollende Konkurrenzdruck durch Online-Giganten zwangen Jones Fashion in die Knie. Geschäftsführer Gabor Rose formulierte es nüchtern: Die notwendige Umsatzsteigerung sei nicht mehr realistisch – weder wirtschaftlich noch im Sinne der Kundinnen.
Der große Ausverkauf begann im April 2025 – ein trauriger Schlussverkauf mit Stil. Bis zum Sommer sollen alle 30 verbleibenden Filialen geschlossen sein. Doch wenigstens wurde für einen Großteil der Belegschaft eine neue Perspektive gefunden. Das ist nicht selbstverständlich und verdient Respekt.
Neue Gesichter auf alten Bühnen
Die Jones-Filialen verschwinden – aber sie hinterlassen keine leeren Schaufenster. Drei Modeunternehmen haben sich bereits Positionen gesichert:
- More & More, ein türkisch geführtes Label mit Sitz in München, expandiert weiter – auch in Richtung Österreich.
- Liberty Fashion, bislang eher ein Geheimtipp aus Innsbruck, wagt mit mindestens sieben neuen Standorten den großen Sprung.
- Und Musterzimmer aus Salzburg greift gleich nach der Wiener Bühne.
Spannend? Und wie! Denn genau hier zeigt sich, wie sich der Markt neu sortiert – mit regionalen Konzepten, internationalem Know-how und einer Prise Mut zur Veränderung.
Frankreich im Wandel – Parallelen und Perspektiven
Auch in Frankreich sieht der stationäre Modehandel schwierigen Zeiten entgegen. Viele kleinere Boutiquen, einst Herzstücke der Innenstädte von Marseille bis Lille, mussten bereits schließen oder kämpfen ums Überleben. Die Urbanisierung verändert Einkaufsverhalten, große Einkaufszentren ziehen Publikum ab – und dann ist da natürlich der Online-Handel, der längst auch französische Konsumgewohnheiten auf den Kopf stellt.
Nicht wenige französische Modehäuser – selbst Traditionsmarken – fragen sich: Was hält uns am Leben? Qualität allein reicht nicht mehr. Es geht um Erlebnis, um Nähe zur Kundschaft, um digitale Präsenz. Was Jones Fashion widerfahren ist, könnte auch Paris, Lyon oder Bordeaux blühen – wenn sich der Markt nicht anpasst.
Eine Branche auf dem Prüfstand
Der Fall Jones steht sinnbildlich für eine Branche, die sich neu erfinden muss. Alte Sicherheiten verschwinden, Marken müssen mehr bieten als nur Stoffe auf Kleiderbügeln. Die Zukunft gehört Konzepten, die digital denken, aber menschlich bleiben. Vielleicht liegt genau hier die Chance – für Österreich, für Frankreich und für den gesamten europäischen Modemarkt.
Denn Mode ist mehr als nur Kleidung. Sie ist Ausdruck, Kultur – und manchmal auch Erinnerung.
Jones Fashion verschwindet. Doch die Fragen, die ihr Verschwinden aufwirft, bleiben.
Von Catherine H.
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