Tag & Nacht




Es war der 3. Januar 2004, als ein Urlaubsflug für 148 Menschen tödlich endete. Der Absturz eines Boeing 737 der ägyptischen Fluggesellschaft Flash Airlines kurz nach dem Start in Scharm el-Scheich erschütterte Frankreich – unter den Opfern befanden sich 135 französische Staatsangehörige. Zwei Jahrzehnte später gibt es nun einen Hoffnungsschimmer für die Hinterbliebenen: Die französische Justiz hat einen Prozess angeordnet. Am 24. November soll er in Paris beginnen.

Ein steiniger Weg zur Aufarbeitung

Was nach dem Unglück folgte, war ein langer und oft frustrierender Kampf um Aufklärung. 2017 wurde das Verfahren zunächst eingestellt – mit dem Hinweis auf Pilotenfehler als Ursache. Doch diese Erklärung ließen viele Angehörige nicht gelten. 2019 ordnete das Pariser Berufungsgericht eine Wiederaufnahme der Ermittlungen an. Der Grund: Der damalige Vorsitzende des Verwaltungsrats von Flash Airlines, Mohamed Nour, war bislang nicht umfassend befragt worden.

Ein juristisches Detail, das zum Wendepunkt wurde.

Vom Zeugen zum Beschuldigten

Im Herbst 2021 wurde Mohamed Nour zunächst als „témoin assisté“ – ein spezieller Zeugenstatus im französischen Recht – eingestuft. Drei Monate später folgte die offizielle Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Die Vorwürfe wiegen schwer: mangelnde Ausbildung der Piloten, eine übereilte Beförderung des Flugkapitäns und Verstöße gegen gesetzliche Ruhezeiten für das Bordpersonal. Alles Punkte, die den Absturz möglicherweise hätten verhindern können.

Die Justiz will nun klären, wie es zu diesen Versäumnissen kommen konnte – und ob sie strukturell bedingt waren.

Stimmen aus der Tiefe des Schmerzes

Für die Angehörigen der Opfer ist dieser Prozess weit mehr als nur ein juristisches Verfahren. „Diese Entscheidung ist heilsam“, sagt Catherine Alès, Präsidentin der ADFVCA, der Vereinigung der Opferfamilien. Seit Jahren setzen sie sich unermüdlich dafür ein, dass Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden. Sie kämpfen nicht nur um Gerechtigkeit – sondern auch um ein Stück inneren Frieden.

„Wir wollen verstehen, warum unsere Liebsten sterben mussten.“ Ein Satz, der unter die Haut geht.

Ein Prozess mit Signalwirkung

Wenn im November das Gerichtsverfahren beginnt, steht mehr auf dem Spiel als die Schuldfrage eines Einzelnen. Der Fall Flash Airlines ist ein Lehrstück über die Bedeutung von Sicherheitsstandards in der zivilen Luftfahrt – und über das, was passiert, wenn diese Standards nicht eingehalten werden. Ausbildung, Übermüdung, Verantwortung der Airline – all das kommt nun auf den Prüfstand.

Und es geht auch um Vertrauen: in die Justiz, in den Luftverkehr, in das System.

Ein Mahnmal des kollektiven Gedächtnisses

Fast 21 Jahre nach dem Unglück zeigt dieser Fall, wie tief die Wunden noch sind – und wie hartnäckig Angehörige sein müssen, um Gehör zu finden. Der Kampf um Wahrheit und Verantwortung ist zäh, oft zermürbend, aber nicht vergeblich. Mit jedem Schritt vor Gericht rückt die Aufarbeitung ein Stück näher.

Und auch wenn ein Urteil keine Leben zurückbringen kann – es kann einen Schlussstrich ziehen. Oder zumindest einen Punkt setzen, an dem Trauer und Gerechtigkeit sich nicht länger ausschließen.

Es ist Zeit.

Von Catherine H.

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