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Zwischen 2010 und 2019 emittierte das brasilianische Amazonasgebiet etwa 18% mehr Kohlenstoff, als es aufnahm: 4,45 Milliarden Tonnen wurden freigesetzt, verglichen mit 3,78 Milliarden Tonnen, die gespeichert wurden.

Eine große und noch nie dagewesene Veränderung. Der brasilianische Amazonas-Regenwald, ein Opfer menschlicher Aktivitäten, hat seit 2010 mehr Kohlenstoff freigesetzt als aufgenommen, eine historisch-dramatische Situation für dieses Ökosystem, das für die Begrenzung der globalen Erwärmung entscheidend ist, so eine neue Studie, die am Donnerstag, dem 29. April in Nature Climate Change veröffentlicht wurde.

Zwischen 2010 und 2019 hat der brasilianische Amazonaswald, der 60% des Primärwaldes der Erde ausmacht, eine grosse Menge Biomasse verloren. Der Wald emittierte etwa 18% mehr Kohlenstoff, als er absorbierte: 4,45 Milliarden Tonnen wurden freigesetzt, verglichen mit 3,78 Milliarden Tonnen, die gespeichert wurden.

Im Moment „kompensieren andere Länder die Verluste im brasilianischen Amazonasgebiet“ und so „ist noch nicht das gesamte Amazonasgebiet umgekippt, aber es könnte dies bald tun“, erklärte einer der Autoren der Studie, Jean-Pierre Wigneron, ein Forscher am französischen Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt (Inrae), gegenüber der Agentur AFP.

Ohne die Wälder, die „Lungen“ des Planeten, die zwischen 25 und 30% der vom Menschen ausgestoßenen Treibhausgase absorbieren, wäre der Klimawandel noch viel schlimmer.

Doch seit einigen Jahren befürchten Wissenschaftler, dass den Tropenwäldern die Luft ausgeht und sie immer weniger in der Lage sind, ihre Rolle als Kohlenstoffreservoir zu spielen. Und die Sorge ist besonders akut im Amazonas-Regenwald, der immerhin die Hälfte der weltweiten Tropenwälder ausmacht.

„Bisher haben uns die Wälder, insbesondere die Tropenwälder, geschützt, indem sie dazu beigetragen haben, die Erwärmung zu verlangsamen. Aber unsere letzte Bastion, der Amazonas, kippt um“, sagt Jean-Pierre Wigneron, Forscher bei Inrae gegenüber der Agentur AFP.

Neben dem Abschmelzen der Eiskappen, dem Auftauen des Permafrostes und dem Verschwinden der Korallenriffe ist der Rückgang des Amazonas-Regenwaldes eine der „Kipp-Punkte“, die von Wissenschaftlern als Schlüsselelemente identifiziert wurden, deren wesentliche Veränderung das Klimasystem zu dramatischen und irreparablen Veränderungen führen könnte.

Explosion der Entwaldung mit Jair Bolsonaro
Die Studie weist auch auf die wenig bekannte, aber große Verantwortung der Walddegradierung hin. Im Gegensatz zur Abholzung, die den Wald verschwinden lässt, umfasst die Degradierung alles, was ihn schädigen kann, ohne ihn vollständig zu zerstören: geschwächte Bäume am Rande der abgeholzten Flächen, selektiver Holzeinschlag, kleine Brände, Baumsterben aufgrund von Trockenheit. Schäden, die weniger leicht zu erkennen sind als große Flächen, die komplett zerstört wurden.

Unter Verwendung eines Vegetationsindexes, der aus Mikrowellen-Satellitenbeobachtungen abgeleitet wurde, die es erlauben, die gesamte Vegetationsschicht zu untersuchen und nicht nur die Oberseite des Kronendachs, kommt die Studie zu dem Schluss, dass diese Walddegradierungen zu 73% der Kohlenstoffverluste beitrugen, verglichen mit 27% für die Entwaldung, die aber nach wie vor in großem Umfang stattfindet.

Die Studie zeigt auch die Explosion der Entwaldung im brasilianischen Amazonasgebiet im Jahr 2019, dem Jahr, in dem der rechtsextreme Präsident Jair Bolsonaro an die Macht kam: 3,9 Millionen Hektar gingen verloren, 30% mehr als 2015 und fast viermal mehr als 2017 und 2018.


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