Tag & Nacht




Es gibt Momente im Jahr, die sollte man nicht übergehen. Heute, am Internationalen Tag zur Abschaffung der Tierversuche, ist so ein Moment. Ein Tag, der unbequem ist. Ein Tag, der uns zwingt hinzusehen, wo wir oft lieber wegschauen: in die Labore, in denen Millionen Tiere leiden, damit wir Menschen uns einreden können, es diene dem Fortschritt. Aber wie viel Fortschritt steckt wirklich dahinter? Und ist es das wert?

In Deutschland sterben jedes Jahr über zwei Millionen Tiere für sogenannte wissenschaftliche Zwecke. Zwei Millionen fühlende Lebewesen – Mäuse, Ratten, Affen. Ihr Leid wird hinter verschlossenen Türen in sterile Käfige gesperrt, fernab von dem Bewusstsein der meisten Menschen. Und wenn wir ehrlich sind: Es passt doch gut in unsere bequem eingerichtete Welt, oder? Der Fortschritt braucht Opfer – solange es die anderen sind.

Frankreich ist da kein Stück besser. Auch hier wird geforscht, getestet, gequält. Das Land der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit scheint nicht für alle zu gelten – zumindest nicht für jene, die kein Wort mitreden können. Auch dort Millionen von Versuchstieren, auch dort wächst der Protest. Und trotzdem bleibt es ein Kampf gegen Windmühlen.

Und warum? Weil Tierversuche immer noch als notwendig verkauft werden, als alternativlos – obwohl die Wissenschaft längst andere Wege kennt. Organoide, Multi-Organ-Chips, Computermodelle. Diese Technologien liefern oft präzisere Ergebnisse als die Qualen in den Laboren. Und trotzdem fließt das meiste Geld weiter in die veralteten Strukturen, die den Schmerz von Lebewesen für uns ausblenden.

Das 3R-Prinzip – Replace, Reduce, Refine – wird gern als Fortschritt verkauft. Klingt auch gut, oder? Weniger Tiere, bessere Bedingungen, irgendwann mal Ersatz. Aber das ist wie eine halbleere Badewanne mit einer einzigen Schüssel Wasser füllen zu wollen. Es geht hier nicht um weniger Leid. Es geht um kein Leid. Punkt.

Warum fällt es uns so schwer, diesen Schritt zu gehen? Weil es unbequem ist. Weil Forschungsgelder, Karrieren, ganze Industrien daran hängen. Und weil wir Angst haben vor dem Neuen. Doch was sagt das über uns aus, wenn wir den Status quo nur aufrechterhalten, weil er bekannt und bequem ist?

Die Wahrheit ist: Tierversuche sind ein Relikt aus einer anderen Zeit. Eine Zeit, in der wir dachten, Tiere seien Dinge, ohne Empfindungen, ohne Rechte. Diese Sicht ist überholt, die Wissenschaft weiß es besser. Aber was nützt Wissen, wenn es nicht in Handeln übergeht?

Die Proteste und Aktionen der Organisationen in Deutschland, in Frankreich, weltweit – sie zeigen, dass der Wandel da ist. Noch zart, noch umkämpft, aber nicht mehr aufzuhalten. Die Frage ist: Auf welcher Seite stehen wir? Sind wir die, die mit den Schultern zucken und sagen „so läuft das halt“? Oder sind wir die, die den Mut haben, neue Wege zu fordern und zu gehen?

Ich habe meine Antwort gefunden. Und ich hoffe, du auch.

Andreas M. Brucker

Neues E-Book bei Nachrichten.fr







Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!