Tag & Nacht




Es ist ein Schrei, der aus Millionen Kehlen kommt – von Arbeiterinnen, Angestellten, Krankenschwestern, Rentnern, jungen Eltern. Ein Satz, so schlicht wie brutal: „Wir wollen doch nur ein verlässliches Leben.“ Ein Dach über dem Kopf, ein gefüllter Kühlschrank, einen Arzt, der noch erreichbar ist, eine Rente, die nicht zur Farce verkommt. Doch in Frankreich im Jahr 2025 ist selbst dieses Minimum zu einer existenziellen Forderung geworden.

Denn was hat die Politik der letzten Jahre anderes getan, als den Menschen die Grundlagen ihrer Sicherheit Stück für Stück zu entreißen? Die Preise explodieren, während die Löhne stagnieren. Krankenhäuser sind überfüllt, Ärzte abwesend, und das Gesundheitssystem droht zu zerfallen. Und die Renten? Ein Schlachtfeld, auf dem Regierungen immer neue Kürzungen durchpeitschen – gegen den erklärten Willen der Mehrheit.


Das tägliche Leben wird zum Überlebenskampf

76 Prozent der Franzosen nennen den Kaufkraftverlust als ihre größte Sorge. Kein Wunder: Die Inflation hat längst die Küche erobert. Die Butter, die Pasta, die Stromrechnung – alles frisst sich ins Haushaltsbudget. Familien verzichten auf Urlaubsreisen, sie drehen die Heizung herunter, sie verschieben den Kauf neuer Schuhe für die Kinder. Wer im Jahr 2025 in Frankreich in den Supermarkt geht, spürt die kalte Hand der Verarmung.

Und währenddessen? Die Regierung beschwört makroökonomische Daten, redet von Stabilität und Wachstum. Doch was nützen Prozentzahlen in Brüssel, wenn eine Kassiererin in Lyon nicht mehr weiß, wie sie die Monatsmitte überstehen soll? Hier prallen zwei Welten aufeinander: die technokratische Sprache der Eliten und die nackte Realität der Menschen.


Ein Gesundheitssystem, das die Schwächsten aufgibt

24 Prozent der Franzosen nennen die Gesundheit als ihre Hauptsorge. Das klingt fast harmlos, doch dahinter verbirgt sich ein Drama. 49 Prozent von Ihnen geben an, sie könnten sich manche Behandlungen schlicht nicht mehr leisten. In den ländlichen Regionen bedeutet Krankheit oft: kein Arzt in Reichweite, monatelanges Warten auf einen Termin. Frankreich, stolz auf sein „modèle social“, verliert die Kontrolle über eines seiner Herzstücke.

Die Wahrheit ist unerträglich: Wer heute alt, krank oder arm ist, wird im Stich gelassen. Das Versprechen gleicher Chancen, gleicher Versorgung, gleicher Würde – es zerbröselt vor unseren Augen.


Rentenpolitik als Verrat am Gesellschaftsvertrag

73 Prozent der Arbeitnehmer wollen die Rentenreform von 2023 abgeschafft sehen, 66 Prozent verlangen die Rückkehr zur Rente mit 60. Das ist keine radikale Minderheit, sondern die Mehrheit der Bevölkerung. Doch statt zuzuhören, reagiert die Politik mit Arroganz. Wer länger arbeiten muss, während Konzerne Rekorddividenden ausschütten, erlebt die blanke Ungerechtigkeit.

Die Rente ist mehr als eine technische Frage der Finanzierung. Sie ist ein Symbol des Gesellschaftsvertrags: Jahrzehntelange Arbeit sollen in einem Alter in Würde münden. Wird dieses Fundament zerstört, zerfällt auch das Vertrauen in die Demokratie.


Ein Land am Rand des Bruchs

Frankreich ist nicht nur ökonomisch erschöpft, sondern moralisch. Die Menschen fühlen sich ausgeliefert: den Märkten, den Bürokraten, den endlosen Reformen. Ihr Schrei nach Stabilität, nach Berechenbarkeit, nach einem Leben ohne ständige Zumutungen ist kein Luxus – es ist der Kern des sozialen Friedens.

Doch was, wenn dieser Schrei ungehört verhallt? Wenn die Politik weiter Zahlen über Schicksale stellt, Budgets über Biografien? Dann droht eine Gesellschaft, die auseinanderbricht – zwischen den Wenigen, die sich Sicherheit kaufen können, und den Vielen, die in Unsicherheit gefangen sind.

„Wir wollen doch nur ein verlässliches Leben.“ In dieser Forderung steckt keine Radikalität, keine Übertreibung. Es ist der schlichteste, menschlichste Anspruch, den ein Staat erfüllen muss. Dass Frankreich im Jahr 2025 nicht mehr dazu in der Lage ist, ist nicht nur ein politisches Versagen – es ist ein Verrat.

Ein Kommentar von P. Tiko

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