Tag & Nacht




Mit dem Beginn des Konklaves am 7. Mai 2025 richtet sich der Blick der katholischen Welt auf Rom – und vor allem auch auf einen Namen: Jean-Marc Aveline. Der Erzbischof von Marseille gilt als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Papst Franziskus, der am 21. April verstorben ist. Sollte Aveline gewählt werden, wäre er der erste französische Papst seit fast 650 Jahren – zuletzt saß mit Gregor XI. im 14. Jahrhundert ein Franzose auf dem Stuhl Petri.


Ein Brückenbauer mit mediterraner Prägung

Jean-Marc Aveline, geboren 1958 im algerischen Sidi Bel Abbès, bringt eine beeindruckende Vita mit: Er wurde 1984 zum Priester geweiht, 2019 Erzbischof von Marseille und 2022 von Papst Franziskus persönlich zum Kardinal erhoben. Seine Schwerpunkte: interreligiöser Dialog, insbesondere mit dem Islam, sowie die Unterstützung von Migranten und sozial Schwachen.

Avelines Pastoralkonzept gilt als klare Fortsetzung der Linie von Franziskus – nah an den Menschen, offen für die Ränder der Gesellschaft, unerschrocken in der Welt von heute. Als frisch gewählter Präsident der französischen Bischofskonferenz bringt er zusätzlich Gewicht in den Kreis der 133 Papstwähler ein.


Ein Konklave im Zeichen der Balance

Der Einfluss von Franziskus bleibt spürbar – der Großteil der wahlberechtigten Kardinäle wurde von ihm ernannt. Doch nicht alle teilen seine Vision: Konservative Stimmen, etwa der ungarische Kardinal Péter Erdő oder der niederländische Kardinal Willem Eijk, stehen für ein anderes Kirchenbild – eher traditionsbewahrend als transformierend.

Daneben gibt es bekannte Namen wie Pietro Parolin, vatikanischer Staatssekretär, oder Luis Antonio Tagle aus den Philippinen – charismatisch, global vernetzt, aber bislang ohne sichtbare Mehrheit. Wird es am Ende doch ein Kompromisskandidat? Oder erlebt die katholische Welt einen Überraschungssieger?


Frankreichs Rolle: Diskret, aber bedeutsam

Fünf französische Kardinäle nehmen am Konklave teil – ein starkes Signal aus einem Land, das in der katholischen Welt nicht immer im Mittelpunkt stand. Neben Aveline ist auch Dominique Mamberti, Leiter des höchsten vatikanischen Gerichtshofs, von zentraler Bedeutung: Er wird den Namen des neuen Papstes verkünden, sollte er nicht selbst gewählt werden.

Die Präsenz Frankreichs im Konklave ist damit nicht nur symbolisch – sie könnte realen Einfluss auf das Ergebnis haben.


Wartende Weltkirche – offene Ausgangslage

Auch wenn Aveline derzeit als Favorit gehandelt wird, bleibt die Wahl des Papstes stets eine Sache voller Unwägbarkeiten. Die Geschichte kennt viele Fälle, in denen der scheinbar sichere Kandidat plötzlich aus dem Rennen war – und jemand anderes zur weißen Rauchwolke führte.

Doch fest steht: Die Kirche steht an einem Wendepunkt. Die Themen der Zeit – Migration, Klimakrise, Vertrauensverlust, Säkularisierung – verlangen nach Antworten. Vielleicht nach neuen Tönen. Vielleicht auch nach einer neuen Stimme aus Frankreich.

Von C. Hatty

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