Wer am 20. Mai 2025 durch Le Lavandou spazieren wollte, fand sich plötzlich inmitten eines reißenden Stroms wieder. Sintflutartige Regenfälle hatten die charmante Gemeinde an der Côte d’Azur heimgesucht – mit dramatischen Folgen: Drei Menschen verloren ihr Leben, Straßen wurden unterspült, die ikonischen Strände verwüstet.
Besonders hart traf es Cavalière, einen der beliebtesten Badeorte bei Lavandou. Doch was dann geschah, war mehr als nur Krisenmanagement – es war ein Lehrstück in Sachen Zusammenhalt, Tempo und Entschlossenheit.
Ein Dorf zeigt, was in ihm steckt
Noch in derselben Nacht formierte sich ein Krisenteam unter der Leitung von Bürgermeister Gil Bernardi. Nicht nur Feuerwehr und Katastrophenschutz rückten an – auch zahlreiche Bürger packten an. In Gummistiefeln, mit Schaufeln und Schubkarren, befreiten sie Straßen von Geröll, halfen Nachbarn beim Auspumpen überfluteter Keller oder verteilten Trinkwasser.
Selbst die Kläranlage, die kurzzeitig von Treibgut verstopft war, konnte im Notbetrieb wieder anlaufen. Auch wenn sie derzeit nur zur Hälfte funktionstüchtig ist, war das ein kleiner Sieg inmitten des Chaos.
Wasserqualität top – Badeverbot aufgehoben
Sicherlich – der Sommer schien in weiter Ferne. Doch die Gemeinde dachte schnell an das, was vielen den Lebensunterhalt sichert: den Tourismus. Bereits wenige Tage nach der Katastrophe wurden Wasserproben entnommen, vor allem an der plage de Cavalière, wo der Sand zuvor wie weggefegt schien.
Und dann kam die Entwarnung: Keine Schadstoffe, keine Bakterien, das Wasser so klar wie eh und je. Die Reaktion des Bürgermeisters war eindeutig: „Alle Strände sind offen und von exzellenter Qualität.“ Seit dem 31. Mai um 8 Uhr darf wieder gebadet werden.
Ein Zeichen – stärker als jede Werbekampagne.
Doch die Schäden bleiben massiv
So beeindruckend die Soforthilfe auch war – die Folgen der Flut sind gewaltig. Mehr als zehn Millionen Euro wird die Instandsetzung kosten. Straßen, Brücken, Stromleitungen – alles muss geprüft und oft komplett erneuert werden.
Die Kläranlage, das Rückgrat moderner Infrastruktur, arbeitet aktuell nur mit halber Kraft. Dass dort noch viel zu tun ist, steht außer Frage. Die Finanzierung? Noch ungeklärt.
Aber wer Le Lavandou kennt, weiß: Man lässt sich hier nicht unterkriegen.
Können Naturkatastrophen ein Dorf stärken?
Diese Frage stellen sich viele seit dem Unglück. Was früher als Urlaubspostkartenmotiv galt – Sonne, Strand, Lavendelduft – ist heute ein Symbol für Widerstandskraft geworden.
Denn ausgerechnet in der Krise wurde sichtbar, wie eng das soziale Geflecht der Gemeinde wirklich ist. Fremde halfen einander, Restaurants versorgten Helfer kostenlos mit warmem Essen, und überall hörte man dieselbe Botschaft: „Wir schaffen das gemeinsam.“
Und jetzt, kurz vor dem Start der Hochsaison, stehen nicht nur die Sonnenschirme wieder. Auch das Gemeinschaftsgefühl hat neue Blüten getrieben.
Le Lavandou – bereit für den Sommer
Das Comeback der Strände ist mehr als eine touristische Nachricht. Es ist ein Statement. Ja, die Natur zeigte ihre raue Seite – aber der Mensch hat geantwortet. Mit Engagement, Cleverness und einer Prise südländischer Sturheit.
Wer diesen Sommer nach Le Lavandou kommt, wird das Meer wie gewohnt genießen – aber vielleicht mit etwas mehr Respekt. Und mit dem Wissen: Hinter jeder Postkarte steckt eine Geschichte. Manche sind eben wilder als andere.
Von Andreas M. Brucker
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