Tag & Nacht




In den Straßen Madrids hallten die Rufe nach Veränderung wider, als am 20. Oktober 2024 Zehntausende Spanier gegen den sozialistischen Premierminister Pedro Sánchez auf die Straße gingen. Die Menge, geschätzt auf etwa 25.000 Teilnehmer von den Regierungsbehörden und auf 400.000 von den Veranstaltern, brachte eine klare Botschaft: Sie fordern den Rücktritt von Sánchez und Neuwahlen. Es ist ein weiteres Kapitel im anhaltenden politischen Konflikt in Spanien.

Der Zorn der Straße: Flaggen und Vorwürfe

Auf der Plaza de Castilla, einem symbolträchtigen Ort in Madrid, schwenkten die Demonstranten die rot-gelben Fahnen Spaniens und skandierten Parolen wie „Sánchez ist ein Verräter“. Es herrschte eine aufgeladene Stimmung, die von den Organisatoren – hauptsächlich aus dem rechten politischen Spektrum – befeuert wurde. Unter ihnen war die konservative Volkspartei (Partido Popular) sowie die ultrarechte Vox-Partei, die den Protest gemeinsam ins Leben riefen.

Slogans wie „Sánchez zerstört Spanien“ waren auf vielen Schildern zu lesen. Doch was steckt hinter diesen starken Vorwürfen? Die Demonstranten prangerten insbesondere die Entscheidung der Regierung an, eine Amnestie für die Verantwortlichen des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums von 2017 zu gewähren. Diese Maßnahme gilt vielen als Verrat an der Einheit Spaniens – vor allem, weil sie Teil eines politischen Abkommens war, das Sánchez den entscheidenden Rückhalt der katalanischen Separatisten im Parlament sicherte.

Die Katalonien-Frage und Sánchez‘ umstrittene Amnestie

Der Katalonien-Konflikt ist eine der tiefsten politischen Wunden, die das Land spalten. Nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum 2017 und den darauffolgenden Unruhen hatte die spanische Regierung eine harte Linie gefahren und mehrere Separatistenführer zu Gefängnisstrafen verurteilt. Doch im Jahr 2024 sieht die Realität anders aus: Um seine Mehrheit im Parlament zu sichern, hat Sánchez den Separatisten Zugeständnisse gemacht, darunter die besagte Amnestie – ein Schritt, der von vielen als Kapitulation vor den separatistischen Kräften verstanden wird.

Für die Demonstranten ist diese Entscheidung nicht nur eine juristische Frage, sondern eine Frage der nationalen Integrität. Viele sehen darin den Versuch, die Einheit des Landes zu untergraben, um sich politisch an der Macht zu halten. Die Rufe nach „Einheit, Würde, Gesetz und Freiheit“, wie sie auf den Bannern der Proteste zu lesen waren, spiegeln den Wunsch nach einem starken, geeinten Spanien wider, das nicht von regionalen Interessen untergraben wird.

Kritik auch aus dem eigenen Land: Korruptionsvorwürfe und politische Abkommen

Neben der Katalonien-Frage warfen die Demonstranten der Regierung auch vor, in zwielichtige Machenschaften verwickelt zu sein. In den Reden wurden Korruptionsfälle und Ermittlungen erwähnt, die verschiedene Mitglieder des sozialistischen Lagers betreffen, darunter auch die Ehefrau von Pedro Sánchez, Begoña Gómez. Diese Vorwürfe, kombiniert mit den umstrittenen politischen Allianzen der Regierung – etwa mit den baskischen Separatisten –, verstärken den Unmut.

Der Schatten von Vox: Extremrechte gewinnt an Einfluss

Besonders auffällig bei den Protesten war die Präsenz der Vox-Partei. Ihr Anführer, Santiago Abascal, war der einzige Parteichef, der persönlich an der Demonstration teilnahm. Vox vertritt eine harte Linie gegen Immigration und setzt sich vehement für die spanische Einheit ein – oft mit populistischen Tönen, die bei vielen Bürgern auf Resonanz stoßen. Abascal machte keinen Hehl daraus, dass er die aktuelle Regierung für eine Bedrohung hält. „Dieses Regime ruiniert die Spanier, es hat sie verraten und belogen“, erklärte er gegenüber der Presse.

Die zunehmende Unterstützung für Vox zeigt, dass der politische Diskurs in Spanien polarisiert ist. Während viele Bürger die harten Maßnahmen der Partei unterstützen, fürchten andere die zunehmende Radikalisierung und den Aufstieg des Extremismus. Doch eines ist klar: Vox hat es geschafft, sich als wichtiger Akteur im politischen Spektrum zu etablieren.

Wohin führt dieser Protest?

Der Ruf nach Neuwahlen wird immer lauter. Ob Pedro Sánchez dem Druck nachgibt, bleibt jedoch fraglich. Bisher hat er sich standhaft gezeigt, trotz der wachsenden Opposition. Doch in einem Land, das durch politische Spannungen und regionale Konflikte zerrissen ist, könnten solche Massenproteste langfristig Folgen haben.

Was bedeutet das für die Zukunft Spaniens? Es bleibt abzuwarten, ob diese Demonstration der Anfang einer größeren Bewegung ist oder ob sie lediglich ein weiteres Kapitel im bereits angespannten politischen Klima des Landes darstellt. Die kommenden Monate könnten entscheidend sein – nicht nur für Pedro Sánchez, sondern für die Stabilität Spaniens insgesamt.

Manchmal fragt man sich: Wann hört die Politik auf, die Straßen zu beherrschen, und beginnt, wieder den Dialog zu führen?

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