Der Tod von Papst Franziskus am Ostermontag 2025 markiert nicht nur das Ende eines bemerkenswerten Pontifikats – er entfacht auch einen offenen Streit über die Richtung, die die katholische Kirche künftig einschlagen soll. Mit ihm geht eine Ära zu Ende, die geprägt war von Offenheit, sozialem Engagement und der festen Überzeugung, dass der Glaube an den Rändern der Gesellschaft gelebt werden muss.
Doch während Franziskus die Weltkirche zu einer Institution des Dialogs und der Nächstenliebe formte, drängen konservative Kräfte mit einer ganz anderen Vision in den Vordergrund. Eine Figur, die diesen Richtungsstreit wie kaum eine andere verkörpert: der US-amerikanische Vizepräsident J.D. Vance.
Ein letzter Appell für Menschlichkeit
Es war eine symbolträchtige Szene, die sich nur Stunden vor dem Tod des Papstes abspielte: J.D. Vance, der umstrittene Vizepräsident der USA, traf im Vatikan auf Franziskus. Obwohl gesundheitlich schwer angeschlagen, empfing der Papst Vance kurz und sendete dabei ein unmissverständliches Signal. In seiner Osterbotschaft verurteilte Franziskus explizit die restriktiven Migrationspolitiken der US-Regierung und nahm dabei Bezug auf Vances jüngste Äußerungen.
Vance, der sich auf den theologischen Begriff des „ordo amoris“ stützt – die Idee einer geordneten Hierarchie der Liebe – vertritt die Ansicht, dass moralische Verpflichtungen in erster Linie der Familie und der Nation gelten, bevor universelle Verantwortung übernommen wird. Franziskus, der das Christentum als grenzenlose Gemeinschaft der Nächstenliebe verstand, wies diese Auslegung scharf zurück. Für ihn war die Liebe kein Konzept für Grenzziehung – sondern ein Werkzeug, um sie zu überwinden.
J.D. Vance und die post-liberale Vision
J.D. Vance ist kein gewöhnlicher Politiker. 2019 zum Katholiken konvertiert, steht er für einen radikal konservativen Flügel innerhalb der Kirche – den sogenannten „post-liberalen“ Katholizismus. Dieser Strömung geht es nicht nur um das Bewahren von Traditionen, sondern um eine grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft entlang katholischer Prinzipien.
Der Begriff „Integraler Katholizismus“ schwingt hier mit – eine Ideologie, die eine Unterordnung der staatlichen Autorität unter die kirchliche Moral fordert. Vance selbst vermeidet es, sich offen zu diesem Lager zu bekennen, doch seine Positionen zu Abtreibung, Migration und traditionellen Familienbildern spiegeln diese Weltanschauung wider.
Er steht für eine Kirche, die weniger Debattenraum lässt, sondern klare Regeln vorgibt – eine Kirche, die sich weniger als Hort der Nächstenliebe und mehr als moralische Instanz mit politischem Einfluss versteht.
Zwei Welten prallen aufeinander
Mit dem Tod von Papst Franziskus flammt der schon länger schwelende Richtungsstreit innerhalb der katholischen Kirche neu auf. Während Franziskus‘ Erbe eine Öffnung zu den Schwächsten, zu Flüchtlingen, zur LGBTQ-Community und zu gesellschaftlichen Randgruppen war, formiert sich in den konservativen Lagern Widerstand gegen diese „Weichheit“.
Vance ist dabei kein Einzelfall. Er verkörpert die Hoffnung vieler, die die Kirche wieder stärker an ihre „alten Werte“ binden wollen – Ordnung, Autorität, klare moralische Leitlinien. Es ist ein Ringen zwischen zwei Visionen: einer inklusiven, weltoffenen Kirche und einer, die sich abgrenzt, um ihre Identität zu bewahren.
Ein epochaler Moment für die Kirche
Am 26. April, wenn zahlreiche Staatschefs – darunter Donald Trump, Emmanuel Macron und Wolodymyr Selenskyj – zur Beerdigung von Franziskus nach Rom kommen, wird die Weltöffentlichkeit einen Blick auf die Machtstrukturen im Vatikan werfen. Die wahren Weichen werden aber erst im anschließenden Konklave gestellt.
Wird der nächste Papst das Vermächtnis von Franziskus fortsetzen und auf Dialog setzen? Oder wird er den Kurswechsel wagen und die Kirche enger, strenger, hierarchischer aufstellen? Wer auch immer das Papstamt übernimmt, wird vor der Aufgabe stehen, diese wachsenden Spannungen innerhalb der Kirche zu moderieren – oder sie weiter zuzuspitzen.
Ein Wendepunkt mit offenem Ausgang
Die katholische Kirche steht an einem Scheideweg. Der Tod von Papst Franziskus markiert nicht nur das Ende eines Pontifikats, sondern auch den Beginn eines Machtkampfes, der die Zukunft der Kirche auf Jahrzehnte prägen könnte. Zwischen Barmherzigkeit und Dogma, zwischen offener Tür und geschlossenem Tor.
Bleibt die Frage: Welches Gesicht wird die Kirche in einer zunehmend polarisierten Welt zeigen?
Von Catherine H.
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