Die Olympischen Spiele in Paris befinden sich in ihrer zweiten und letzten Wettkampfwoche. Nachdem die französischen Athleten eine Medaillenflut erleben, bricht auch bei den Abgeordneten Euphorie aus. Interessanterweise schließt sich nun sogar die zuvor kritische Linke dem allgemeinen Freudentaumel an.
Vor Beginn der Spiele äußerte sich die grüne Abgeordnete Sandrine Rousseau skeptisch zu den Auswirkungen der Spiele auf die „CO2-Bilanz, soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung der Geschlechter“. Doch die Olympiabegeisterung hat sie schließlich auch erfasst: „Wir brauchen diese Pause der nationalen Einheit“, gibt sie inzwischen zu.
Rousseau betont, dass der Nationalismus, ein zentrales Wahlkampfthema der extremen Rechten, dem Chauvinismus gewichen sei. „Chauvinismus ist nicht ganz dasselbe“, erklärt sie. „Hinter einem Champion steht man oft ganz emotional. Es ist kein engstirniger Nationalismus, sondern eine Unterstützung für ein nationales Kollektiv.“
Doch die grüne Abgeordnete vergisst nicht, die Bedingungen der Athleten anzusprechen: „Viele der Athleten, die wir während der Wettbewerbe bewundern, leben den Rest des Jahres unterhalb der Armutsgrenze. Nach den Spielen muss diese Situation dringend hinterfragt werden.“
Aurélie Trouvé, Abgeordnete der Linken, ist ebenfalls vom olympischen Fieber ergriffen. Obwohl sie Urlaub hat, gibt sie zu, stundenlang die Wettkämpfe zu verfolgen. „Ich schaue mehrere Stunden am Tag die Spiele“, gesteht sie. Diese Begeisterung schließt jedoch eine politische Bewusstheit nicht aus: „Nur weil ich Léon Marchand applaudiere, heißt das nicht, dass ich nicht kritisieren kann, dass es in meiner Wahlkreis Seine-Saint-Denis keine neuen Schwimmbäder gibt, obwohl wir so dringend welche bräuchten.“
Trouvé leitet für die Linkspartei eine informelle Untersuchungskommission zu den sozialen und ökologischen Auswirkungen der Spiele. Diese Arbeit wird auch nach den Spielen in Paris fortgesetzt.
Der Wandel in der Haltung der linken Abgeordneten verdeutlicht, wie Sport Großereignisse die gesellschaftliche Stimmung beeinflussen können. Obwohl die Vorbehalte gegenüber den Spielen groß waren, hat die Begeisterung der Wettkämpfe inzwischen selbst kritische Stimmen mitgerissen. Ein kollektives Erlebnis wie die Olympischen Spiele kann eben Brücken bauen und auch diejenigen begeistern, die anfangs skeptisch waren.
Die eigentliche Frage bleibt jedoch: Wird der temporäre Enthusiasmus der Linken nachhaltige Veränderungen anstoßen? Die Notwendigkeit, nach den Spielen die sozialen und ökologischen Folgen zu untersuchen, wird von den Abgeordneten als unerlässlich angesehen. Die politische und soziale Landschaft nach den Spielen wird zeigen, ob die gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich zu positiven Veränderungen führen.
Man könnte sagen, dass die Olympischen Spiele nicht nur sportlich, sondern auch politisch ein Wendepunkt sein könnten – ein Gedanke, der vielleicht nur während solcher außergewöhnlichen Ereignisse reift.
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