Die Präsidentschaftswahl in Belarus – ein Thema, das regelmäßig für Aufsehen sorgt. Auch dieses Mal scheint das Ergebnis im Voraus klar zu sein. Präsident Alexander Lukaschenko, seit 1994 ununterbrochen an der Macht, strebt am 26. Januar 2025 seine siebte Amtszeit an. Doch wie demokratisch kann eine Wahl sein, wenn alle Kandidaten, abgesehen vom Amtsinhaber, dessen enge Verbündete sind?
Demokratie – oder doch nur eine Illusion?
Pauline Soulier, Politikwissenschaftlerin und Forscherin an der Universität Bordeaux, bringt es auf den Punkt: „Das ist eine Farce. Wenn es keine echte Konkurrenz gibt, wie kann man von Demokratie sprechen?“ Ihre Worte werfen einen düsteren Schatten auf die politische Landschaft von Belarus, einem Land, in dem Opposition faktisch ausgelöscht scheint.
Die Wahl, so Soulier, sei nicht mehr als ein Deckmantel – eine Fassade, die den Anschein von Demokratie erwecken soll. Dabei ist Lukaschenkos Regime bekannt für seine Brutalität. Opponierende Stimmen werden systematisch zum Schweigen gebracht: Sei es durch Inhaftierungen, Drohungen oder erzwungenes Exil. Laut Menschenrechtsorganisationen sitzen über 1.200 politische Gefangene in belarussischen Gefängnissen. Ein erschütternder Wert, der zeigt, wie wenig Platz es für abweichende Meinungen gibt.
„Brutale Demokratie“ – was meint Lukaschenko?
Interessanterweise bezeichnete Alexander Lukaschenko sein eigenes System einmal als „brutale Demokratie“. Ein Widerspruch in sich, möchte man meinen. Doch Soulier sieht darin eine Art unfreiwillige Ehrlichkeit: „Lukaschenko gibt zu, dass sein System auf Gewalt basiert. Die demokratischen Prinzipien, wie sie in der EU verstanden werden, existieren dort nicht.“
Man könnte fast meinen, diese Worte seien ein verzweifelter Versuch, die internationale Gemeinschaft zu provozieren – oder ein Fingerzeig darauf, dass er selbst keinen Hehl aus seiner autoritären Herrschaft macht.
Wo bleibt die Opposition?
Die Opposition ist nicht tot, doch sie ist massiv eingeschränkt. Nach den Protesten von 2020 und 2021 folgten harte Repressionen: Verhaftungen, Exil und Einschüchterungen. Viele führende Köpfe, darunter Swetlana Tichanowskaja, mussten aus dem Land fliehen. Die restliche Bevölkerung protestiert zwar weiter, aber nur im Verborgenen. „Die Menschen haben Angst, und das Regime nutzt diese Angst gezielt aus“, sagt Soulier.
Was bleibt also von der Opposition? Ein Funke des Widerstands, der darauf wartet, erneut zu lodern. Doch solange Lukaschenko an der Macht ist, bleibt diese Flamme unterdrückt.
Die Rolle der Sanktionen: Ein Hoffnungsschimmer?
Können Sanktionen den Druck auf das Regime erhöhen? „Das ist zumindest die Hoffnung“, meint Soulier. Die Sanktionen der EU und anderer westlicher Staaten zielen darauf ab, Belarus zu isolieren. Doch bisher scheint sich das Land eher enger an Russland und China zu binden, anstatt sich dem Westen zuzuwenden.
Dennoch bleibt ein Funken Hoffnung: Das belarussische Volk hat in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, dass es Veränderungen will. Ob diese durch äußeren Druck oder durch einen inneren Wandel kommen – das bleibt abzuwarten. Vielleicht wird der Ausgang des Ukraine-Krieges hier eine entscheidende Rolle spielen. Sollte Russland an Einfluss verlieren, könnte sich das Machtgefüge in der gesamten Region verschieben.
Ein Land zwischen zwei Welten
Belarus ist ein Land, das zwischen Ost und West hin- und hergerissen ist. Während das Regime fest an Moskau gebunden bleibt, sehnt sich ein großer Teil der Bevölkerung nach einem Leben in Freiheit und demokratischen Strukturen. Doch wie lange kann ein autoritäres Regime den Willen des Volkes unterdrücken?
Die Geschichte zeigt, dass kein autoritäres System ewig währt. Ob Alexander Lukaschenko dies rechtzeitig erkennt oder sich weiterhin an die Macht klammert, wird die Zukunft zeigen. Aber eines ist sicher: Die belarussische Bevölkerung hat den Wunsch nach Freiheit nicht aufgegeben – und das gibt Hoffnung.
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