In Valencia kocht die Stimmung. Tausende Menschen strömten auf die Straßen, um gegen die unzureichende Bewältigung der verheerenden Überschwemmungen vom 29. Oktober zu protestieren. 231 Menschen verloren dabei ihr Leben, davon allein 223 in der Region Valencia. Vier Personen werden immer noch vermisst. Doch anstatt Lösungen und Konsequenzen zu präsentieren, erlebten die Betroffenen vor allem eines: politisches Versagen.
Ein Schrei nach Gerechtigkeit
Mit Plakaten wie „Mazón, dimisión“ – ein Rücktrittsforderung an den konservativen Regionalpräsidenten Carlos Mazón – und Sprechchören wie „Mörder“ oder „Verbrecher“ zogen am Sonntag, dem 29. Dezember, rund 80.000 Demonstrierende durch die Straßen von Valencia. Organisiert wurde der Protest von lokalen Gruppen und Gewerkschaften, die die Untätigkeit der Verantwortlichen anprangern.
„Nach allem, was passiert ist, hat kein Politiker Verantwortung übernommen. Es gab keine Rücktritte, keine Konsequenzen – und nichts wird unternommen“, sagte Enrique Soriano, ein Veranstaltungsorganisator, der selbst von den Überschwemmungen betroffen ist.
Verspätete Warnungen, schleppende Hilfe
Die Wut richtet sich vor allem gegen die mangelnde Vorbereitung und Reaktionsfähigkeit der Behörden. Obwohl die nationale Wetterbehörde frühzeitig eine Warnung herausgegeben hatte, seien die Bewohner nicht rechtzeitig gewarnt worden. „Man hätte uns mehr Zeit geben können, um uns in Sicherheit zu bringen“, beklagen viele der Betroffenen.
Hinzu kommt der Vorwurf, dass die Rettungsmaßnahmen viel zu spät angelaufen seien. Während die Fluten ganze Dörfer und Städte verwüsteten, blieben einige der dringend benötigten Hilfsmaßnahmen tagelang aus. „Wir standen mitten im Wasser und haben auf Unterstützung gewartet, doch niemand kam“, schilderte eine Augenzeugin die dramatische Lage.
Wer trägt die Verantwortung?
In Spanien ist die Bewältigung von Katastrophen vor allem Aufgabe der Regionen. Doch in Fällen von nationaler Bedeutung kann die Zentralregierung eingreifen und zusätzliche Mittel bereitstellen. Genau hier beginnt der politische Schlagabtausch zwischen Carlos Mazón, dem Präsidenten der Region Valencia, und Pedro Sánchez, dem sozialistischen Ministerpräsidenten Spaniens. Beide werfen sich gegenseitig Versagen und Inkompetenz vor.
Während Mazón der Zentralregierung vorhält, nicht schnell genug reagiert zu haben, kritisieren Sánchez und seine Verbündeten, dass die regionale Regierung die Warnungen der Wetterbehörde ignoriert habe. Für die Betroffenen fühlt sich das wie ein zynisches Machtspiel an – auf ihrem Rücken.
Warum diese Tragödie nicht vergessen werden darf
Die Bilder der Überschwemmungen sind erschütternd: Autos wurden von den Fluten mitgerissen, Häuser zerstört und ganze Existenzen ausgelöscht. Doch noch erschütternder ist der Eindruck, dass die Verantwortlichen die Tragweite der Katastrophe bis heute nicht begriffen haben.
Viele Demonstrierende fordern deshalb nicht nur Rücktritte, sondern grundlegende Reformen im Katastrophenmanagement. „Wie oft müssen wir noch auf die Straße gehen, damit sich etwas ändert?“, fragt eine ältere Frau mit zitternder Stimme. Ihre Worte bringen die Frustration und Verzweiflung vieler Menschen auf den Punkt.
Die Proteste in Valencia zeigen, wie tief das Misstrauen gegenüber der Politik sitzt. Ob dies der Anstoß für echte Veränderungen sein wird? Das bleibt abzuwarten. Fest steht: Die Wut der Menschen wird nicht so schnell verebben – genau wie die Erinnerung an eine der schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte der Region.
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