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Die Ratingagentur Fitch geht in ihrer jüngsten Analyse davon aus, dass die sozialen Spannungen im Zusammenhang mit der Rentenreform die Sanierung der öffentlichen Haushalte in Frankreich erschweren werden.

Eine Herabstufung, die in Frankreich für Zähneknirschen gesorgt haben dürfte. Die Ratingagentur Fitch senkte am Freitag, dem 28. April, die Kreditwürdigkeit Frankreichs um eine Stufe von AA auf AA-. Die Agentur begründet ihre Entscheidung mit dem Anstieg der Schulden und des Haushaltsdefizits, aber auch mit den sozialen Spannungen um die Rentenreform. Der Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire bedauerte diese „pessimistische Einschätzung“ und meinte, dass Fitch „die Folgen der Reformen“, die von der Regierung umgesetzt wurden, „unterbewertet“.

Ratingagenturen sind private Unternehmen des Finanzsektors, die das Bonitätsrisiko eines Unternehmens, eines Staates, einer Gebietskörperschaft oder einer Finanztransaktion bewerten. Dazu erstellen sie Prognoseszenarien, um die Fähigkeit eines Unternehmens, das sich Geld leiht, zur Rückzahlung seiner Schulden zu messen.

Die drei größten Agenturen sind Moody’s, Fitch und Standard & Poor’s. Jede von ihnen arbeitet nach ihrem eigenen Ratingsystem und ihren eigenen Kriterien, aber im Allgemeinen gilt: Je höher das Rating, desto geringer das Risiko. Die Note AAA steht für eine sehr gute Bonität, BBB für eine mittlere Bonität und CCC für ein sehr hohes Risiko der Investoren. Die Note D bedeutet, dass der Kreditnehmer in Konkurs gegangen ist.

In ihrer Stellungnahme erklärt die Agentur Fitch, dass sich ihre Bewertung auf die langfristigen Schulden Frankreichs bezieht, d. h. auf die Staatsanleihen, die der französische Staat auf den Finanzmärkten aufnehmen kann. Das Rating AA- entspricht der niedrigsten Stufe, die für sogenannte „hochwertige“ Schulden vergeben wird, d. h. Schulden mit einem sehr geringen Risiko eines Zahlungsausfalls, so Fitch. Mit anderen Worten: Trotz der Herabstufung werden die französischen Staatsanleihen weiterhin als sicher eingestuft.

Außerdem bewerten derzeit auch die Agenturen S&P und Moody’s Frankreich mit der drittbesten möglichen Bewertung. S&P wird ihr Rating am 2. Juni aktualisieren.

Die Agentur Fitch führt für die Herabstufung wirtschaftliche Kriterien an, wie das hohe Staatsdefizit (5% des BIP im Jahr 2023) und das schleppende Wachstum (Fitch erwartet 0,8% im Jahr 2023). Die Verschuldung Frankreichs (fast 111,6% des BIP Ende 2022) ist die höchste aller Länder, die ein AA-Rating erhalten haben, so Fitch. Die Schuldenlast, d. h. die für Kredite zu bezahlenden Zinsen, ist im vergangenen Jahr um 15,2 Milliarden gestiegen.

Die Agentur betrachtet auch die laufenden sozialen Probleme. Die „Spannungen“ um die Rentenreform könnten die Haushaltskonsolidierung durch den Staat „erschweren“, so Fitch. Die Berücksichtigung des sozialen Klimas ist eigentlich ungewöhnlich. Es handele sich. in Frankreich um eine sehr spezielle Situation und letztendlich hat Fitch den derzeitigen sozialen Spannungen eine negative Wertung gegeben.

Fitch gesteht der Rentenreform zwar einen „mäßig positiven“ Effekt auf die französischen Ausgaben zu, ist aber der Ansicht, dass die „politische Pattsituation und die sozialen Bewegungen“, die sich aus ihrem Protest ergeben, ein „Risiko“ darstellen. Für Fitch stellt sich die Frage, ob Emmanuel Macron angesichts des sozialen Klimas in der Lage ist, weitere Reformen durchzusetzen.

Meist führt eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit eines Landes dazu, dass die Zinsen für seine Anleihen auf dem Markt teurer werden. Für Frankreich dürften die Auswirkungen der Herabstufung kurzfristig jedoch begrenzt sein. Es handelt sich um eine deutliche Warnung, aber die beiden anderen Agenturen, Moody’s und Standard & Poor’s, haben ihre Ratings noch nicht geändert. Da es keine große Herabstufung ist, dürfte die Reaktion der Märkte eher marginal bleiben und Frankreich wird weiterhin Kredite zu guten Konditionen aufnehmen können. Weitere Herabstufungen in der Zukunft könnten allerdings größere Auswirkungen auf die Schuldenlast Frankreichs haben.

„Ich glaube, dass die Fakten die Einschätzung der Agentur Fitch widerlegen. Wir sind in der Lage, strukturierende Reformen für das Land durchzusetzen“, reagierte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire am Samstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP und nannte als Beispiele die Reform der Arbeitslosenversicherung und auch die Rentenreform.


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