Tag & Nacht

Die Erde bebt – immer wieder. Seit Sonntag erschüttern mehr als 200 Erdbeben die griechische Insel Santorin. Die stärkste Erschütterung erreichte am Montag eine Magnitude von 4,9. Die Folge: Angst, Unsicherheit und eine Fluchtwelle.

Wenn der Boden nicht mehr stillsteht

Man stelle sich vor, man geht abends ins Bett – und wird mitten in der Nacht von einem Zittern geweckt. Nicht nur einmal, sondern immer wieder. Genau das erleben die Menschen auf Santorin derzeit. „Es hat die ganze Zeit gewackelt, alle paar Stunden“, erzählt Kostas Sakavaras, ein Touristenführer, der seit 17 Jahren auf der Insel lebt. Für ihn und seine Familie war die Entscheidung klar: Sie verließen die Insel.

Mit ihnen viele andere. Fähren und Flugzeuge sind voll, denn wer kann, versucht sich in Sicherheit zu bringen. Besonders groß ist die Angst vor einem möglichen Tsunami. Kein Wunder, denn Santorin ist nicht irgendeine Insel – sie ist der Überrest eines gigantischen Vulkanausbruchs vor rund 3.600 Jahren. Damals zerstörte eine gewaltige Eruption die minoische Kultur und formte die heutige Caldera. Ein solches Erbe vergisst man nicht so leicht.

Die Gefahr unter der Erde

Doch warum bebt die Erde dort so oft? Santorin liegt in einer hochaktiven seismischen Zone. Die Ägäis ist eine geologische Unruhezone, in der die afrikanische Platte langsam unter die eurasische Platte abtaucht. Diese tektonische Spannung entlädt sich immer wieder in Erdbeben – manche harmlos, andere zerstörerisch.

Die jetzige Erdbebenserie könnte ein Vorbote für stärkere Beben sein – oder sie klingt bald ab. Wissenschaftler beobachten die Situation genau. Doch sicher ist: Wer in einem Erdbebengebiet lebt, kann sich nie vollkommen sicher fühlen.

Angst und Unsicherheit auf einer der schönsten Inseln der Welt

Santorin, bekannt für seine atemberaubenden Sonnenuntergänge, weißen Häuser und blauen Kuppeldächer, erlebt gerade eine seiner dunkelsten Stunden. Die Behörden versuchen zu beruhigen. Premierminister Kyriakos Mitsotakis appellierte an die Bevölkerung, Ruhe zu bewahren. Doch wie soll man ruhig bleiben, wenn die eigene Wohnung wackelt?

Viele Menschen haben die Nacht in ihren Autos oder unter freiem Himmel verbracht. Die Angst, dass ein größeres Beben Häuser einstürzen lassen könnte, ist zu groß. Gleichzeitig drohen in einigen Gegenden Erdrutsche – die Behörden warnten per SMS.

Was kommt als Nächstes?

Bleibt es bei dieser Erdbebenserie oder droht mehr? Kann Santorin aufatmen oder steht ein größerer Vulkanausbruch bevor? Niemand kann das mit Sicherheit sagen. Doch eines ist klar: Die Inselbewohner stehen vor einer schweren Zeit.

Von Andreas M. B.


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