Tag & Nacht

In einem historischen Urteil hat das Gericht von Pontoise die Todesstrafe des Franzosen Serge Atlaoui, die er in Indonesien wegen Drogendelikten erhielt, in eine 30-jährige Haftstrafe umgewandelt. Ein Schritt, der für den 60-Jährigen, der bereits fast zwei Jahrzehnte hinter Gittern verbracht hat, ein Hoffnungsschimmer sein könnte.

Ein beispielloser Fall für die französische Justiz

Seit der Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich im Jahr 1981 hat es keinen vergleichbaren Fall gegeben. Nun musste ein französisches Gericht darüber entscheiden, wie eine im Ausland verhängte Todesstrafe in das französische Rechtssystem integriert werden kann. Die Vorsitzende der Anklagebehörde stellte klar: „Es gibt keinen Präzedenzfall. Wir stehen vor einer rechtlichen Herausforderung.“

Serge Atlaoui wurde 2005 in einer Fabrik nahe Jakarta verhaftet, in der große Mengen Drogen gefunden wurden. Die indonesischen Behörden sahen in ihm einen „Chemiker“ des Drogenkartells. Atlaoui hingegen beteuerte stets seine Unschuld. Er sei als Schweißer lediglich für die Installation von Maschinen verantwortlich gewesen und habe nicht gewusst, dass dort Drogen produziert wurden. Zunächst zu lebenslanger Haft verurteilt, verschärfte die indonesische Justiz 2007 seine Strafe auf die Todesstrafe – ein Schock für seine Familie und Unterstützer.

Vergangene Woche wurde Atlaoui nach Frankreich überstellt und in der Haftanstalt von Osny untergebracht. Nun musste die französische Justiz entscheiden, wie mit seinem Urteil umzugehen ist.

Welche Strafe entspricht in Frankreich der Todesstrafe?

Diese Frage stellte sich dem Gericht – eine juristische Gratwanderung. Da die Todesstrafe in Frankreich nicht mehr existiert, musste eine äquivalente Strafe gefunden werden.

Das französische Strafrecht sieht vor, dass ein Urteil aus dem Ausland nicht einfach übernommen wird, sondern an die französische Gesetzgebung angepasst werden muss. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass die „strengste mögliche Strafe“, die als Ersatz für die Todesstrafe in Frage komme, die lebenslange Haft sei. Atlaouis Verteidigung hielt dagegen: Die maximale Strafe für Drogenproduktion in Frankreich beträgt 30 Jahre. Eine lebenslange Haftstrafe sei daher unverhältnismäßig.

Erleichterung nach dem Urteil

Nach einer kurzen Beratung von nur 20 Minuten folgte das Gericht der Argumentation der Verteidigung: 30 Jahre Haft statt lebenslänglich.

Die Reaktion auf das Urteil war emotional. Atlaouis Familie und Unterstützer fielen sich erleichtert in die Arme. Seine Frau Sabine sprach von einem „ersten Schritt zur Freiheit“. Auch sein Anwalt Richard Sédillot zeigte sich zufrieden: „Dieses Urteil ist ein Erfolg. Jetzt geht es darum, über mögliche Strafminderungen oder eine Begnadigung zu verhandeln.“

Ein langer Weg zur Freiheit

Serge Atlaoui sitzt seit 19 Jahren hinter Gittern – erst in Indonesien, nun in Frankreich. Mit dem neuen Urteil besteht zumindest die Möglichkeit, durch gute Führung oder juristische Anträge seine Haftzeit zu verkürzen.

Bleibt die Frage: Wird er jemals als freier Mann nach Hause zurückkehren?

Von C. Hatty

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