Ein Aufatmen im Norden – während im Süden noch Sturmgebraus herrscht. Die mächtige Herbststurmfront Benjamin hat Frankreich in weiten Teilen lahmgelegt. Doch ausgerechnet dort, wo sie zuerst zuschlug, entspannt sich die Lage wieder: Im Département Manche wurde die Wetterwarnung Orange offiziell aufgehoben.
Ein Hoffnungsschimmer inmitten eines landesweiten Ausnahmezustands.
Sturmnacht an der Küste – mit 135 km/h durch Barneville-Carteret
Der Mittwochabend und die Nacht auf Donnerstag hatten es in sich. An der Nordwestküste fegte Benjamin mit voller Wucht über das Département Manche hinweg. Barneville-Carteret meldete Windspitzen von bis zu 135 km/h, Saint-Vaast-la-Hougue erreichte 129 km/h, auch Barfleur, Gouville-sur-Mer und Cherbourg wurden regelrecht durchgepustet.
Doch jetzt, nur Stunden später: Entwarnung.
Météo-France hat die Unwetterstufe Orange für die Region ab Donnerstagmittag aufgehoben. Ein Signal, dass sich die Verhältnisse dort beruhigen – während anderswo noch Chaos herrscht.
18 Départements weiter in Alarmbereitschaft
Denn ganz Frankreich kann noch längst nicht durchatmen. 18 Départements stehen weiterhin unter Wetterwarnung, ebenso wie das benachbarte Andorra. Die Ursachen sind vielfältig – teils sind es extreme Windböen, teils heftige Regenfälle oder drohende Sturmfluten an der Atlantikküste.
Betroffen sind unter anderem die Charente, Gironde, Landes, Nord, Pyrénées-Atlantiques und die beiden korsischen Départements. In Fécamp (Seine-Maritime) wurden Böen mit bis zu 161 km/h gemessen – das entspricht Orkanstärke. Auch in Cap-de-la-Hève (149 km/h) und an zahlreichen weiteren Orten sorgte der Sturm für erhebliche Schäden und Stromausfälle.
Stromausfall bei über 100.000 Haushalten
Am Donnerstagmorgen vermeldete der Netzbetreiber Enedis landesweit über 100.000 Haushalte ohne Strom. Besonders heftig traf es die Region Nouvelle-Aquitaine mit 45.000 Ausfällen. Auch in Bourgogne-Franche-Comté sowie Auvergne-Rhône-Alpes waren jeweils rund 15.000 Haushalte betroffen – eine enorme Belastung für die Energieversorgung.
Züge gestoppt, Regionalverkehr massiv beeinträchtigt
Wer heute auf den Zug angewiesen ist, erlebt Frankreich von seiner langsamen Seite. In der Normandie – also auch im Département Manche – wurden fast alle TER-Zugverbindungen gestoppt. Lediglich einige wenige Strecken wie Paris–Rouen, Paris–Vernon oder Paris–Dreux verkehren noch, mit reduzierter Geschwindigkeit.
Zwischen Caen und Rennes? Kein einziger Zug rollt.
Auch in der Bretagne und den Pays de la Loire ist der Bahnverkehr stark gestört. Strecken wie Brest–Quimper, Brest–Nantes oder Rennes–Nantes sind entweder komplett ausgesetzt oder massiv verspätet. Auf den Online-Portalen der regionalen Bahnunternehmen werden regelmäßige Updates veröffentlicht.
Warnung an alle Seefahrer: „Fahrt nicht raus!“
Und dann ist da noch die See. Besonders entlang der Atlantikküste warnt die französische Meerespräfektur eindringlich vor Ausfahrten. „Die Bedingungen sind lebensgefährlich“, so Guillaume Le Rasles, Fregattenkapitän und Sprecher des atlantischen Seepräfekten.
Freizeitkapitäne und Fischer sollen ihre Touren dringend verschieben. Die Gefahr durch sogenannte „vagues-submersion“ – also Überflutungswellen – ist akut. Besonders betroffen: Gironde, Landes und die Pyrénées-Atlantiques.
Das Departement Manche entkommt dem Schlimmsten – bleibt es so?
Die große Frage: Bleibt das Département Manche nun verschont, oder kehrt Benjamin mit einem zweiten Anlauf zurück? Aktuell sieht es gut aus. Die Aufhebung der Warnstufe zeigt, dass die Lage vor Ort tatsächlich stabiler geworden ist.
Doch anderswo ist die Gefahr noch lange nicht gebannt. Überflutete Straßen, umgestürzte Bäume, beschädigte Stromleitungen und ein lahmgelegter Bahnverkehr zeigen: Dieser Sturm hat Kraft – und einen langen Atem.
Wer derzeit in einem der betroffenen Gebiete lebt oder unterwegs ist, sollte vorsichtig bleiben – und die Wetterlage genau im Blick behalten.
Von C. Hatty
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