Donald Trump ist zurück – und mit ihm eine Energiepolitik, die sich liest wie ein Rückfall in die 1980er-Jahre. Während die Welt umstellt auf Wind, Sonne und Batterien, setzt die Trump-Administration wieder auf Kohle, Öl und Gas. Doch was bedeutet das wirklich für die Energiewende? Ein Blick auf Zahlen, Marktkräfte und globale Dynamiken zeigt: Die Lage ist kompliziert.
Fossile Renaissance oder bloß ein Stolperstein?
In den letzten Jahren hat sich die Energiewende in den USA rasant beschleunigt. 2023 wurden laut der Internationalen Energieagentur (IEA) über 280 Milliarden Dollar in saubere Energie investiert – ein massiver Sprung von den 200 Milliarden Dollar im Jahr 2020. Vieles davon geht auf Gesetzesinitiativen der Biden-Regierung zurück, aber nicht nur. Denn die Preise für Wind- und Solarkraftwerke sind stark gefallen, Unternehmen setzen immer mehr auf saubere Lösungen und auch die Nachfrage nach Elektroautos wächst.
Mit anderen Worten: Die Transformation des Energiesektors wird längst nicht mehr nur von der Politik bestimmt – der Markt selbst treibt sie voran. Kann Trump diesen Trend wirklich umkehren?
Abgesagte Projekte und neue Unsicherheiten
Was bereits jetzt sichtbar ist: Viele Projekte, die unter Biden angeschoben wurden, stehen auf der Kippe. Manish Bapna vom Natural Resources Defense Council bringt es auf den Punkt: „Die Politik der Regierung untergräbt eine boomende saubere Energiebranche, die Jobs schafft, Kosten für Verbraucher senkt und die Energiesicherheit der USA stärkt.“ Die Folge? Investitionen und Arbeitsplätze geraten in Unsicherheit, Fabrikprojekte werden verschoben oder gleich ganz gestrichen.
Besonders betroffen sind Offshore-Windparks. Während die Windbranche in den letzten Jahren einen massiven Boom erlebt hat, blockiert Trump neue Genehmigungen, während er gleichzeitig den Ausbau von Gaskraftwerken vorantreibt. Abigail Dillen von der Umweltrechtsorganisation Earthjustice warnt: „Die gesamte Entwicklung steht auf dem Spiel.“
Aber nicht alle sehen das so düster. Danielle Franz von der konservativen American Conservation Coalition verteidigt Trumps Strategie: „Die Regierung tut gut daran, überflüssige Bürokratie abzubauen, die die Energieproduktion behindert.“ Sie bleibt „vorsichtig optimistisch“, dass dieser Kurs sowohl der Wirtschaft als auch der Umwelt zugutekommen werde.
Der Markt setzt sich durch – mit oder ohne Trump
Ein entscheidender Punkt in der Debatte ist der wirtschaftliche Faktor. Saubere Energie ist heute schlicht günstiger als fossile Brennstoffe. Wind- und Solaranlagen kosten in der Herstellung und im Betrieb mittlerweile weniger als neue Kohle- oder Gaskraftwerke. Jon Creyts von der Nachhaltigkeitsorganisation RMI bringt es auf den Punkt: „Die wirtschaftlichen Bedingungen waren noch nie besser.“ Und einmal gebaut, sind erneuerbare Energien konkurrenzlos günstig.
John Podesta, Klimaberater unter Biden, sieht Trumps Maßnahmen deshalb eher als ein Hindernis denn als ein echtes Risiko für die Energiewende: „Die Richtung können sie nicht umdrehen. Aber sie können Chaos stiften – und genau das tun sie.“
Wachsende Stromnachfrage: Wer soll das alles liefern?
Ein oft übersehener Punkt in dieser Diskussion ist die wachsende Stromnachfrage in den USA. Nach Jahren stabilen Verbrauchs steigt der Bedarf jetzt rapide – vor allem durch die Digitalisierung, Elektroautos und Wärmepumpen. Die riesigen Rechenzentren für KI und Cloud-Dienste saugen Unmengen an Strom. Und wo soll der herkommen?
„Es wird einfach nicht schnell genug gebaut, um den Bedarf zu decken“, sagt Scott Jacobs von der Investmentfirma Generate Capital. Das bedeutet: Die Energiewende ist nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern eine Notwendigkeit, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Und genau deshalb setzen Unternehmen und Netzbetreiber weiterhin auf Wind, Sonne und auch Atomkraft – selbst wenn die Regierung in Washington auf fossile Brennstoffe schielt.
Elektroautos im Visier – aber der Zug fährt weiter
Ein weiteres Lieblingsziel von Trump: Elektroautos. Die Regierung plant, Steuervergünstigungen für E-Autos zu streichen und Förderungen für Ladestationen einzudampfen. Das könnte kurzfristig das Wachstum der Branche bremsen. Aber kann es den Wandel stoppen?
Autokonzerne haben in den letzten Jahren Milliarden in die Umstellung auf Elektroantriebe investiert. Der Verbrennungsmotor ist für viele Hersteller ein Auslaufmodell – nicht zuletzt, weil Länder wie China und die EU klare Vorgaben für den Umstieg gemacht haben. „Langfristig“, sagt Jacobs, „ist der Wechsel zu E-Autos unausweichlich.“
Amerika bremst – China zieht vorbei?
Was passiert, wenn die USA die Energiewende ausbremsen? Die Welt dreht sich weiter. Länder wie China, Deutschland oder Indien setzen unvermindert auf erneuerbare Energien und wollen eine führende Rolle in der neuen Energiewirtschaft einnehmen. China dominiert bereits die Produktion von Solarpanels und Elektroautos – und wenn die USA sich zurückziehen, wird Peking die entstehende Lücke füllen.
Kelly Sims Gallagher von der Tufts University bringt es auf den Punkt: „Länder, die den Klimawandel bekämpfen wollen, werden ihre sauberen Energietechnologien einfach in China kaufen. Die Welt macht ohne uns weiter.“
Fazit: Trump kann bremsen, aber nicht aufhalten
Es wäre naiv zu glauben, dass politische Entscheidungen keinen Einfluss auf die Energiewende haben. Verzögerungen, Unsicherheiten und abgesagte Projekte sind reale Probleme, die die Branche bremsen. Aber die großen Trends – sinkende Kosten für saubere Technologien, steigende Stromnachfrage und globale Märkte – sprechen eine andere Sprache.
Trump mag Windräder hassen und E-Autos für eine Bedrohung halten. Doch am Ende wird sich nicht die Politik durchsetzen, sondern die Ökonomie. Die Frage ist nicht, ob die Energiewende passiert – sondern nur, wie schnell.
Von Andreas M. B.
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