Tag & Nacht




Ein Paukenschlag aus Washington: Donald Trump, der polternde Comeback-Präsident, verkündet einen vermeintlich historischen Schritt – ein Handelsabkommen mit Großbritannien. Doch was auf den ersten Blick wie ein Befreiungsschlag aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als strategisch inszenierter Auftakt zu langwierigen Verhandlungen.

Denn: Es handelt sich bislang nur um ein Rahmenabkommen.


Zwischen Show und Substanz

„MAJOR TRADE DEAL“ – so tönte es lautstark auf Trumps Plattform Truth Social. Wer Trump kennt, weiß: Lautstärke ersetzt bei ihm oft Tiefe. Die Ankündigung erfolgte mit der gewohnten Dramaturgie – Pressekonferenz, patriotische Töne, ein bisschen Pathos. Doch was tatsächlich verkündet wurde, ist eher ein symbolischer Startschuss als ein wirtschaftlicher Meilenstein.

Bisher gibt es keine fertigen Verträge, keine durchverhandelten Details, keine verbindlichen Zusagen. Stattdessen: Ein Konstrukt, das als „Rahmen“ für weitere Gespräche dienen soll. Ein Fundament, auf dem vielleicht ein echtes Handelsabkommen entstehen könnte – oder auch nicht.


Was ist konkret geplant?

Erste Berichte lassen durchblicken, worum es in diesem Rahmen grob gehen könnte:

  • Reduzierte Zölle auf britischen Stahl und britische Autos beim Export in die USA
  • Eine Lockerung der britischen Digitalsteuer, die derzeit vor allem US-Tech-Giganten betrifft
  • Im Gegenzug niedrigere britische Zölle auf amerikanische Fahrzeuge und Agrarprodukte

Das klingt nach klassischem Verhandlungsbasar: Gibst du mir etwas, kriegst du auch was zurück. Doch wie belastbar ist das alles?


Ein Deal für die Galerie?

Für Trump ist die Sache glasklar: Er will nach den Befürchtungen globaler Handelskriege – Stichwort: „Liberation Day“-Zölle – einen neuen Ton anschlagen. Einen, der Vertrauen schafft und Stärke ausstrahlt, ohne von seiner America-First-Rhetorik abzuweichen. Sein Ziel: der Eindruck, er könne nicht nur zerschlagen, sondern auch aufbauen.

Und für Großbritannien? Der Inselstaat sucht nach dem Brexit fieberhaft nach Partnern außerhalb der EU. Jedes bilaterale Abkommen wird im eigenen Land als Prestigeerfolg gehandelt – selbst wenn es nur ein Papiertiger ist.

Premierminister Keir Starmer, ohnehin in einem heiklen innenpolitischen Spannungsfeld, könnte ein diplomatischer Erfolg bei den Amerikanern innenpolitisch helfen. Schon allein die Geste: Gelobt und empfangen vom US-Präsidenten – das geht in die Schlagzeilen.


Doch wie ernst ist das alles gemeint?

Hier gehen die Meinungen auseinander. Internationale Handelsexperten wie Tim Brightbill mahnen zur Vorsicht. Ein Handelsrahmen sei lediglich ein politischer Auftakt – die eigentlichen Hürden kämen erst noch.

Etwa bei Themen wie:

  • nichttarifären Handelshemmnissen (z. B. Produktsicherheitsstandards)
  • Datenschutz im digitalen Handel
  • regulatorischer Angleichung – vor allem im Agrarbereich

Ein weiterer Knackpunkt: Der US-Kongress. Sollte der Rahmenvertrag konkrete Gesetzesänderungen beinhalten, etwa beim Zollrecht, dann braucht Trump deren Zustimmung. Und hier wird es knifflig, denn auch innerhalb seiner Partei ist die Handelsfrage umstritten.


Das große Ganze – oder viel Lärm um wenig?

Die geopolitische Lage ist kompliziert: China rückt wirtschaftlich näher an Europa, Russland sorgt für Unruhe, und globale Lieferketten bleiben angespannt. Vor diesem Hintergrund wirkt das US-UK-Abkommen wie ein Versuch, neue Achsen zu bilden.

Doch wie tragfähig sind diese Allianzen wirklich, wenn sie noch nicht einmal auf unterschriebenem Papier stehen?

Eine rhetorische Frage, klar – aber sie bringt es auf den Punkt.


Viel Luft nach oben

Wenn man ehrlich ist: Das bisherige Rahmenabkommen ist in erster Linie ein diplomatischer Appetizer. Es verspricht Möglichkeiten, aber noch keine Resultate. Wirtschaftlich greifbar ist derzeit wenig – das Einzige, was wirklich „handelsüblich“ wirkt, ist die gegenseitige PR.

Doch genau da liegt vielleicht auch der eigentliche Nutzen: In einer Zeit, in der Handelskonflikte und nationale Egoismen die Bühne beherrschen, sendet dieser Schritt zumindest ein Signal der Gesprächsbereitschaft. Und vielleicht ist das – trotz aller Unschärfen – ein Anfang.


Ein Deal in den Startlöchern

Es bleibt spannend, wie viel Substanz dieser symbolische Schritt am Ende wirklich bekommt. Fakt ist: Beide Seiten stehen unter innenpolitischem Druck, einen außenpolitischen Erfolg vorweisen zu können. Und solange noch verhandelt wird, ist alles offen – sowohl in Richtung Fortschritt als auch Rückschritt.

Derweil beobachtet die Welt, wie zwei der wichtigsten Volkswirtschaften versuchen, in einem unsicheren Umfeld gemeinsame Wege zu finden. Hoffen wir, dass sie dabei nicht nur reden, sondern am Ende auch liefern.

Von C. Hatty

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