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Donald Trump hat seine Tonlage gegenüber Russland erneut verschärft. Der US-Präsident gab dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am heutigen Montag eine letzte Frist von „10 bis 12 Tagen“, um die Kriegshandlungen in der Ukraine zu beenden. Sollte Moskau bis dahin keine substanziellen Schritte zu einem Waffenstillstand unternehmen, droht Washington mit massiven wirtschaftlichen Sanktionen – darunter Importzölle von bis zu 100 Prozent.

Das neue Ultimatum, ausgesprochen bei einem Besuch in Schottland, verkürzt den zuvor gesetzten Zeitraum von 50 Tagen drastisch. Die Ukraine reagierte prompt und begrüßte die amerikanische „Entschlossenheit“, während europäische Reaktionen verhaltener ausfielen.

Der Schauplatz Turnberry – und die Rückkehr der „America First“-Diplomatie

Trump gab seine Erklärung im schottischen Turnberry Golf Resort ab, einer seiner persönlichsten politischen Bühnen. Dort traf er sich mit dem britischen Premierminister Keir Starmer, der seinerseits eine stärkere europäische Rolle im Ukrainekrieg anstrebt. Während der Begegnung wurde jedoch deutlich, dass Washington nicht länger bereit ist, auf diplomatische Initiativen ohne nachweisbaren Fortschritt zu setzen.

„Es gibt keinen Grund, länger zu warten. Wir sehen keine Fortschritte – nicht einmal symbolische“, so Trump. Die USA, so ließ der Präsident durchblicken, seien bereit, wirtschaftlichen Druck auszuüben, sollten multilaterale Gespräche erneut scheitern.

Ukraine zeigt sich dankbar, EU bleibt vorsichtig

Die Regierung in Kiew äußerte sich deutlich positiver als viele EU-Partner. Der Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andriy Yermak, sprach auf X (ehemals Twitter) von einem „klaren Friedenssignal durch Stärke“. Für die Regierung Selenskyj stellt das Ultimatum eine Möglichkeit dar, den internationalen Druck auf Russland aufrechtzuerhalten – besonders in einer Phase, in der die militärische Lage an mehreren Frontabschnitten stagniert.

In Brüssel und Berlin hingegen mehren sich kritische Stimmen. Hinter vorgehaltener Hand wird bemängelt, dass Trump Kiew zwar unterstütze, aber gleichzeitig zentrale europäische Akteure bei seiner Entscheidungsfindung übergehe. Diplomaten verweisen auf mangelnde Abstimmung und die Gefahr, dass Russland politische Spaltung in der westlichen Allianz ausnutzen könnte.

Das Instrumentarium: Zölle als geopolitisches Druckmittel

Die Androhung von 100-Prozent-Zöllen auf russische Waren – und potenziell auch auf Produkte aus Drittstaaten, die mit Moskau kooperieren – ist ein ungewöhnlicher, aber nicht neuer Hebel in Trumps außenpolitischem Repertoire. Bereits während seiner ersten Amtszeit hatte er Strafzölle als Instrument strategischer Abschreckung eingesetzt – etwa gegen China oder die EU im Handelskonflikt 2018–2019.

Nun richtet sich diese Politik erstmals explizit gegen einen Krieg führenden Staat in Europa. Die angekündigten Maßnahmen zielen darauf, Russlands Exportfähigkeit zu schwächen und gleichzeitig Drittländer zu einer Neupositionierung zu zwingen. Beobachter verweisen dabei auf die enge Abstimmung Washingtons mit London, während Paris und Berlin eher auf diplomatische Lösungen setzen.

Ein riskantes Kalkül mit offenem Ausgang

Dass Trump seinen anfänglich auf 50 Tage terminierten Zeitplan halbiert, lässt auf zunehmenden innen- wie außenpolitischen Druck schließen. Der Ukrainekrieg ist zu einem Symbolthema geworden – nicht nur für Amerikas geopolitische Führungsrolle, sondern auch für die innenpolitische Glaubwürdigkeit des Präsidenten.

Ob das Ultimatum Wirkung zeigt, ist offen. Der Kreml hat bislang nicht auf die neue Frist reagiert. Putin dürfte versuchen, das Zeitfenster strategisch auszureizen, ohne offensichtliche Zugeständnisse zu machen. Gleichzeitig bleibt unklar, ob die angedrohten Zölle von den USA tatsächlich kurzfristig umgesetzt werden – und ob sie in einem multipolaren Welthandel die gewünschte Hebelwirkung entfalten.

Die kommenden Tage werden zeigen, ob Trump den Ton weiter verschärft oder ob sich ein diplomatisches Fenster öffnet. In jedem Fall verdeutlicht das Ultimatum die Rückkehr eines außenpolitischen Stils, der auf maximale Hebelwirkung durch bilateralen Druck setzt – mit unsicherem Ertrag.

Autor: P. Tiko

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