Gelbe Buchstaben auf grauem Beton: „Menzel Elektromotoren“ prangt es unübersehbar am Firmensitz in Berlin. Drinnen summen Kräne, wuchten tonnenschwere Elektromotoren für Ölkonzerne und Zementwerke durch die Produktionshallen. Ein Ort, an dem normalerweise Zukunft gebaut wird. Doch seit dem 9. April liegt ein dunkler Schatten über dem Betrieb – und nicht nur über ihm.
Denn an diesem Tag traten die von Donald Trump durchgesetzten US-Strafzölle in Kraft. Für deutsche Exporteure, insbesondere die Maschinenbauer, ein Schock: Auf alle Produkte aus Deutschland – und aus dem gesamten EU-Raum – erhebt die USA nun 20 Prozent zusätzliche Abgaben. Das „Made in Germany“, einst ein Trumpf auf dem Weltmarkt, bekommt plötzlich einen bitteren Beigeschmack.
Wenn die Weltmärkte verrückt spielen
Menzel Elektromotoren verkauft rund fünf Prozent seiner Produktion in die Vereinigten Staaten. Kein gigantischer Anteil – aber groß genug, um Kopfschmerzen zu verursachen. Geschäftsführer Mathis Menzel bringt die Sorge auf den Punkt: „Das sind keine rationalen Methoden. Das sind Methoden der Mafia – draufhauen, ohne vorher zu reden.“
Eine drastische Aussage, aber sie steht für den Frust vieler deutscher Mittelständler. Jahrzehntelang waren sie gewohnt, in stabilen Märkten mit klaren Regeln zu agieren. Jetzt ist plötzlich alles anders – und unberechenbar.
„Selbst wenn es ein Abkommen mit Trump gibt – wer garantiert uns, dass er es nicht drei Wochen später wieder über den Haufen wirft?“ fragt Menzel. Die Unsicherheit sei tödlich für langfristige Geschäftsbeziehungen. Die Folge: Kunden zögern, Aufträge werden verschoben oder ganz gestrichen. Menzel rechnet mit einem „deutlichen Rückgang der Bestellungen“.
Preise rauf – Vertrauen runter
Für viele Firmen gibt es kaum Auswege. Menzel etwa bleibt nichts anderes übrig, als die Mehrkosten auf die Kunden abzuwälzen. Die Maschinen werden also teurer – was sie im internationalen Wettbewerb weniger attraktiv macht. Ein Teufelskreis, der nicht nur den Absatz hemmt, sondern auch das Vertrauen beschädigt.
Vertrauen, das über Jahre aufgebaut wurde. Vertrauen in die Qualität deutscher Ingenieurskunst, in verlässliche Lieferungen und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Und jetzt? Alles auf der Kippe.
Europa unter Zugzwang
Der Vertriebsleiter des Unternehmens, Dirk Achhammer, setzt auf Brüssel – allerdings mit Maß. „Wir brauchen eine kluge Antwort“, sagt er. „Keine pauschalen Vergeltungsmaßnahmen, sondern gezielte Zölle, die unsere eigenen Verbraucher nicht übermäßig belasten.“
Ein Balanceakt: Die EU muss Stärke zeigen, ohne in einen ausgewachsenen Handelskrieg hineinzurutschen. Denn wie sagt man so schön? Wenn sich zwei streiten, leidet der Dritte – in diesem Fall der Kunde.
Ein Spiel mit dem Feuer
Das ifo-Institut in München hat nachgerechnet: Durch die neuen US-Zölle könnten die deutschen Exporte in die Vereinigten Staaten um bis zu 15 Prozent einbrechen. Das ist mehr als ein Kratzer – das ist ein tiefer Einschnitt in eine jahrzehntelange Erfolgsstory.
Der Maschinenbau ist neben der Autoindustrie das Rückgrat der deutschen Exportwirtschaft. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen daran. Und wenn die Aufträge wegbrechen, bleiben nicht nur Maschinen stehen – sondern auch Existenzen auf der Strecke.
Es ist, wie Dirk Achhammer sagt, „eine gefährliche Spirale“. Eine Spirale aus Zöllen, Gegenmaßnahmen, Vertrauensverlust – und einem Handelsklima, das von Unsicherheit geprägt ist. Wer soll da noch mutig investieren?
Zwischen Ärger und Aktionismus
Natürlich – niemand will sich von einem Mann wie Trump diktieren lassen, wie globaler Handel zu funktionieren hat. Aber blindwütiger Aktionismus bringt auch nichts. Es braucht jetzt Fingerspitzengefühl, Weitsicht und einen langen Atem.
Und vielleicht, nur vielleicht, auch den Mut, über neue Märkte nachzudenken. Denn so sehr die USA ein wichtiger Handelspartner sind – sie sind nicht der einzige. Die Welt ist groß. Wer weiß – vielleicht entstehen aus der Krise ja neue Partnerschaften, neue Ideen, neue Chancen?
Klingt naiv? Vielleicht. Aber wer nicht träumt, der findet auch keine Lösungen.
Andreas M. Brucker
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