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Präsident Donald Trump hat zu Beginn seiner zweiten Amtszeit eine Exekutivverordnung unterzeichnet, die das in der Verfassung verankerte Geburtsrecht auf US-Staatsbürgerschaft für Kinder von nicht-ständigen Einwohnern beenden soll. Diese Maßnahme hat eine Welle von Klagen und gerichtlichen Entscheidungen ausgelöst, die die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Staatsbürgerschaft in den Vereinigten Staaten in den Fokus rücken.

Die Exekutivverordnung und ihre Zielsetzung

Die von Präsident Trump erlassene Verordnung zielt darauf ab, die automatische Verleihung der US-Staatsbürgerschaft an Kinder zu unterbinden, die auf amerikanischem Boden geboren werden, deren Eltern jedoch entweder keinen legalen Aufenthaltsstatus besitzen oder sich lediglich mit temporären Visa, wie etwa Touristen- oder Studentenvisa, im Land aufhalten. Die Umsetzung dieser Verordnung war für den 19. Februar 2025 vorgesehen.

Gerichtliche Gegenwehr und aktuelle Entscheidungen

Bereits kurz nach der Unterzeichnung der Verordnung reichten mehrere Bundesstaaten und Bürgerrechtsorganisationen Klage ein. Ein Bundesrichter in Seattle, John Coughenour, erließ eine einstweilige Verfügung, die die Umsetzung der Verordnung vorübergehend blockierte. Er bezeichnete die Maßnahme als „eklatant verfassungswidrig“ und stellte fest, dass sie gegen den 14. Verfassungszusatz verstoße.

Wenige Tage später folgte eine weitere richterliche Entscheidung: Die Bundesrichterin Deborah Boardman in Maryland sprach eine landesweite einstweilige Verfügung gegen die Exekutivverordnung aus. Sie argumentierte, dass die Verordnung im Widerspruch zum Wortlaut des 14. Verfassungszusatzes stehe und gegen seit über einem Jahrhundert bestehende Präzedenzfälle des Obersten Gerichtshofs verstoße. Boardman betonte, dass die Tradition der Geburtsrecht-Staatsbürgerschaft ein fundamentaler Bestandteil der amerikanischen Geschichte sei.

Verfassungsrechtlicher Hintergrund des Geburtsrechts

Der 14. Verfassungszusatz, ratifiziert im Jahr 1868 nach dem Bürgerkrieg, legt fest: „Alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren oder eingebürgert sind und deren Gerichtsbarkeit unterliegen, sind Bürger der Vereinigten Staaten und des Staates, in dem sie wohnen.“ Diese Bestimmung wurde eingeführt, um ehemaligen Sklaven die volle Staatsbürgerschaft zu garantieren und jegliche Diskriminierung aufgrund der Abstammung zu verhindern.

Bereits 1898 entschied der Oberste Gerichtshof in dem Fall „United States v. Wong Kim Ark“, dass der 14. Verfassungszusatz universell auf alle in den Vereinigten Staaten geborenen Kinder angewendet werden müsse, mit wenigen Ausnahmen. Dazu gehören Kinder von Diplomaten, feindlichen Besatzungstruppen oder Mitgliedern souveräner indigener Nationen.

Trump und seine Regierung argumentieren, dass sich die historische Auslegung der Verfassung ändern müsse, um eine restriktivere Handhabung der Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Kritiker hingegen halten entgegen, dass das Geburtsrecht ein wesentliches Element der amerikanischen Identität sei und eine Abkehr davon eine Erosion grundlegender Bürgerrechte bedeuten würde.

Die politische und gesellschaftliche Dimension

Die Debatte über das Geburtsrecht ist nicht neu. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump 2018 angekündigt, das Prinzip der Geburtsrecht-Staatsbürgerschaft infrage zu stellen. Dies stieß damals auf breiten Widerstand, auch innerhalb der eigenen Partei. Mit dem erneuten Vorstoß hat sich der Konflikt weiter zugespitzt, zumal er ein Kernthema der konservativen Wählerschaft bedient, die eine restriktivere Migrationspolitik fordert.

Gegner der Exekutivverordnung sehen darin einen Versuch, die gesellschaftliche Spaltung in den USA weiter zu vertiefen. Befürworter argumentieren hingegen, dass die bisherige Praxis einen Anreiz für illegale Einwanderung schaffe. In mehreren Bundesstaaten haben sich inzwischen Gouverneure und Staatsanwaltschaften für oder gegen die Maßnahme positioniert, was die politische Brisanz zusätzlich erhöht.

Ausblick auf die kommenden Monate

Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen deuten darauf hin, dass Trumps Vorstoß nur schwer durchzusetzen sein wird. Solange die Verfahren nicht höchstrichterlich entschieden sind, bleibt die Lage jedoch ungewiss. Der Oberste Gerichtshof der USA könnte sich letztlich mit der Frage befassen, ob ein Präsident per Exekutivverordnung ein seit über 150 Jahren gültiges Verfassungsprinzip außer Kraft setzen kann.

Sollte das Gericht die bisherigen Urteile bestätigen, wäre dies ein schwerer Rückschlag für Trumps Migrationspolitik. Falls jedoch eine gegenteilige Entscheidung getroffen würde, hätte dies weitreichende Folgen für Millionen von Menschen und könnte die Grundlagen des Staatsbürgerschaftsrechts in den USA grundlegend verändern.

Von Andreas Brucker

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