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Ein Küstenstreifen kämpft – gegen das Meer, den Wind und jetzt auch gegen unachtsame Fischer. Im südfranzösischen Hérault, einer Region ohnehin schwer von Küstenerosion betroffen, haben Schleppnetzfischer rund 300 Meter spezieller Schutznetze auf einer lokalen Strandfläche zerstört. Ein herber Rückschlag für die Bemühungen, den bedrohten Küstenstreifen zu stabilisieren und langfristig zu sichern.

Doch was steckt hinter diesen Schutznetzen – und warum ist ihr Verlust so dramatisch?

Die unsichtbaren Helden: Kokosfasernetze gegen die Erosion

Wer an den Erhalt der Küsten denkt, hat meist Deiche, Buhnen oder massive Steinwälle im Kopf. Doch an den Stränden des Hérault setzt man auf eine sanftere Methode: Kokosfasernetze. Diese biologisch abbaubaren Gewebe werden auf dem Sand ausgelegt, um den Abtrag durch Wind und Wellen zu verhindern und Sedimente festzuhalten. Sie fördern die Ansiedlung von Pflanzen, die wiederum mit ihren Wurzeln den Boden stabilisieren.

Klingt einfach – ist es auch. Und genau deshalb so effektiv.

Die Netze sind gerade in Regionen wie dem Golf von Aigues-Mortes lebenswichtig. Dort hat die Küstenerosion in einigen Bereichen bereits bis zu 80 Prozent des Strandes weggespült. Die Küste schrumpft – und mit ihr verschwinden Lebensräume, touristische Attraktionen und ein Stück französisches Naturerbe.

Fischerboote gegen Küstenschutz: Ein ungleicher Kampf

Doch was passiert, wenn der Mensch selbst zum Problem wird? Die Schleppnetzfischer, die diese Netze zerstörten, nutzten eine der umstrittensten Fangmethoden: das Bodenschleppnetz. Dabei wird ein schweres Netz über den Meeresgrund gezogen – und alles, was sich ihm in den Weg stellt, wird mitgerissen. Fische, Pflanzen, Korallen – und eben auch die empfindlichen Kokosfasernetze.

Und das ist kein Einzelfall. Die Bodenschleppnetzfischerei ist bekannt für ihre verheerenden Auswirkungen auf marine Ökosysteme. Herbarien aus Posidonia-Seegras oder Korallenriffe, die wichtige Rollen für Küstenschutz und Biodiversität spielen, werden regelrecht umgepflügt.

Ein Weckruf für den Schutz des Mittelmeers

Dieser Vorfall wirft ein grelles Licht auf die ungelösten Konflikte zwischen Fischerei und Umweltschutz. Wer kontrolliert, wo gefischt wird? Wer achtet darauf, dass Schutzgebiete auch wirklich geschützt sind? Die Antwort darauf ist oft so vage wie unbefriedigend.

In der Theorie existieren Schutzmaßnahmen – doch die Praxis hinkt hinterher. Koordination zwischen Behörden, Fischern und Umweltschützern ist dringend nötig. Besonders in einem so empfindlichen Ökosystem wie dem Mittelmeer, wo bereits Überfischung und Klimawandel an den Reserven nagen.

Man könnte sagen: Das Meer schreit längst um Hilfe – aber hört es auch jemand?

Zwischen Lebensgrundlage und Nachhaltigkeit

Natürlich geht es hier nicht um eine Schwarz-Weiß-Malerei. Fischer leben von ihrem Fang, sie ernähren Familien und bedienen Märkte. Aber genau deshalb ist es umso wichtiger, nachhaltige Lösungen zu finden. Denn was bringt der Fang von heute, wenn es morgen keine Bestände mehr gibt?

Ein besseres Management der Fischerei, gezielte Schutzgebiete und alternative Fangmethoden könnten den Weg in eine verträglichere Zukunft weisen. Der Verlust der Schutznetze zeigt, wie fragil das Gleichgewicht an den Küsten ist.

Die Küste gehört allen – und braucht uns alle

Die Zerstörung der Kokosfasernetze mag auf den ersten Blick wie ein kleiner Vorfall wirken – doch er steht für ein viel größeres Problem: den Kampf um den Erhalt unserer Küsten. Wenn solche Projekte scheitern, verliert nicht nur die Umwelt, sondern auch der Mensch.

Denn die Küste ist mehr als nur eine Grenze zwischen Land und Wasser – sie ist Lebensraum, Schutzschild und Sehnsuchtsort zugleich. Und sie braucht uns – alle.

Autor: Andreas M. Brucker

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