Eine beunruhigende Nachricht aus den USA: Nach sieben Jahren taucht dort erneut der Vogelgrippe-Subtyp H7N9 auf – ein Virus, das bereits in der Vergangenheit für menschliche Infektionen verantwortlich war. Die Entdeckung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn die USA kämpfen aktuell schon mit einer massiven Ausbreitung von H5N1.
Was bedeutet das für Mensch und Tier? Und wie groß ist die Gefahr wirklich?
Die Rückkehr eines bekannten Erregers
Am 17. März bestätigte die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) Fälle von H7N9 in einer Hühnerfarm im Bundesstaat Mississippi. Die Behörden reagierten sofort: Über 47.600 Tiere wurden vorsorglich getötet, um eine weitere Verbreitung zu verhindern. Gleichzeitig läuft eine intensive epidemiologische Untersuchung, um herauszufinden, wie das Virus in den Betrieb gelangen konnte.
Das Besorgniserregende daran? H7N9 gehört zu den wenigen Vogelgrippeviren, die in der Vergangenheit bereits Menschen infiziert haben. Zwar sind Übertragungen auf den Menschen selten, doch wenn sie vorkommen, kann es ernst werden.
Erstmals 2013 in China entdeckt
H7N9 ist kein Unbekannter. Im Frühjahr 2013 wurde dieser Subtyp erstmals in der Region Shanghai nachgewiesen. Laut dem renommierten Institut Pasteur zählt H7N9 – neben H5Nx und H9N2 – zu den drei Vogelgrippe-Subtypen, die am häufigsten beim Menschen nachgewiesen wurden.
Besonders betroffen war China, wo der Virus immer wieder in Wellen auftrat. Von dort aus wurden auch vereinzelte Fälle bei Reisenden gemeldet, die nach ihrer Rückkehr Symptome entwickelten.
In den USA wurde das Virus zuletzt 2017 in mehreren Bundesstaaten – darunter Tennessee, Alabama, Kentucky und Georgia – nachgewiesen. Danach blieb es ruhig. Bis jetzt.
Ein Virus mit tödlichem Potenzial
Anders als H5N1, das für Vögel oft tödlich ist, zeigt H7N9 bei Geflügel häufig kaum Symptome. Das macht es schwerer, Ausbrüche frühzeitig zu erkennen.
Beim Menschen kann H7N9 jedoch zu schweren Atemwegserkrankungen führen – mit Symptomen wie Fieber, Husten und Muskelschmerzen. In schweren Fällen kommt es zu Lungenentzündungen, die tödlich enden können.
Zwischen 2013 und 2021 infizierten sich weltweit 1.668 Menschen mit dem Virus, 616 starben daran – eine Sterblichkeitsrate von 36 %. Zum Vergleich: H5N1 hat eine noch höhere Sterblichkeit von über 50 %.
Allerdings hängt der Krankheitsverlauf von vielen Faktoren ab: dem allgemeinen Gesundheitszustand der infizierten Person, der Schwere der Infektion und der medizinischen Versorgung. Besonders gefährdet sind immungeschwächte Menschen.
Warum wird H7N9 genau beobachtet?
Ein entscheidender Punkt macht H7N9 besonders heikel: Es besitzt eine höhere Fähigkeit als H5N1, die sogenannte Artenbarriere zu überwinden – also von Vögeln auf den Menschen überzugehen.
Laut Gilles Salvat, Experte der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, werden H7-Viren deshalb systematisch in Geflügelbeständen überwacht, ähnlich wie H5-Viren. Ziel ist es, rechtzeitig einzugreifen, bevor sich hochgefährliche Varianten entwickeln oder gar eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung einsetzt.
Ein weiteres Puzzlestück im wachsenden Risiko
Die Vogelgrippe ist längst keine Randerscheinung mehr. Weltweit mehren sich die Fälle – und mit ihnen die Sorge, dass irgendwann eine neue Pandemie entsteht.
Zwar sind direkte Übertragungen von H7N9 oder H5N1 zwischen Menschen selten, aber es gab bereits vereinzelte Fälle innerhalb von Familien oder im medizinischen Umfeld.
Der französische Forscher Pierre Bessière warnt: „Früher oder später wird es eine neue Pandemie durch Vogelgrippeviren geben.“ Diese Einschätzung teilen viele Wissenschaftler. Ein Blick in die Geschichte zeigt, warum: Die berüchtigte Spanische Grippe, die Anfang des 20. Jahrhunderts Millionen Menschenleben forderte, war ebenfalls ein Virus mit aviärem Ursprung.
Was kann getan werden?
Um das Risiko zu minimieren, setzen Wissenschaftler und Gesundheitsbehörden auf mehrere Maßnahmen:
- Frühzeitige Überwachung: Je schneller ein Ausbruch erkannt wird, desto besser können Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
- Reduzierung des Kontakts zwischen Wildvögeln und Nutztieren: Viele Infektionen entstehen, wenn Geflügel in Kontakt mit infizierten Wildvögeln kommt.
- Schnelles Handeln bei Ausbrüchen: Infizierte Bestände müssen isoliert und notfalls getötet werden, um eine Ausbreitung zu verhindern.
- Impfstrategien: Zwar gibt es Vogelgrippe-Impfstoffe für Geflügel, doch eine großflächige Impfung ist logistisch und wirtschaftlich eine Herausforderung.
Die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) fordert eine globale, koordinierte Antwort auf das Problem. Doch genau hier liegt eine Hürde: Internationale Zusammenarbeit ist notwendig – aber nicht immer einfach. Besonders der Rückzug der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte langfristig eine lückenlose Überwachung erschweren.
Ein Blick nach vorn
Wie geht es weiter? Das hängt davon ab, wie sich die Lage in den kommenden Wochen entwickelt. Bislang gibt es in den USA keine Hinweise darauf, dass das aktuelle H7N9-Vorkommen auf Menschen übergesprungen ist. Doch die Behörden bleiben wachsam.
Eines ist sicher: Die Vogelgrippe wird uns weiter begleiten. Und je besser wir vorbereitet sind, desto eher können wir verhindern, dass sie zur nächsten globalen Krise wird.
Von Andreas M. B.
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