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Einem regenarmen Winter und Frühling folgte der trockenste Juli aller Zeiten mit einer Reihe von Hitzerekorden: Die Dürre in Frankreich beunruhigt die Menschen. Insgesamt 93 der 96 Departements haben bereits Maßnahmen zur Einschränkung der Wasserversorgung ergreifen müssen.

Auf einer Weide zwischen Tarn und Aveyron kauen die Kühe an den Heureserven, weil es kein Gras mehr gibt. Auf den Feldern verwandelt sich die Erde in Staub. Es ist eine katastrophale Dürre. Seit Juni gab es immer mehr Tage, an denen die Hitze und der Wind auf den Feldern zusammenwirkten. Die Austrocknung der Böden ist oft so stark, dass auf den leichten, flachen Böden im Herbst vielleicht nichts geerntet werden kann. Die Ernte von Sonnenblumen, Sojabohnen, Hirse und Mais ist in vielen Gegenden gefährdet.

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Auch der Weinbau ist betroffen: Auf vielen Weinbergen sehen die Winzer Verbrennungen, die Beeren werden von der Sonne verbrannt. Einige Winzer rechnen damit, dass sie die Ernte um einen Monat vorziehen müssen, was zu einem Rückgang der Erntemengen führen wird. Insgesamt werden die Ernten in Frankreich unter den von der Regierung am 1. Juli veröffentlichten Zahlen bleibent. Sogar die Blätter der Obstbäume und anderer Bäume werden stellenweise bereits gelb und fallen ab.

Trockenster Juli in Frankreich
Tatsächlich hat Frankreich mit 9,7 Litern kumulierten Niederschlägen pro Quadratmeter gerade „den trockensten Juli im Zeitraum 1959-2022“ erlebt, wie Météo-France gestern bestätigte. Der bisherige Rekord war der Juli 2020 mit 16,7 Litern Niederschlag pro Quadratmeter. Was die Sache noch verschlimmert: Der Monat Juni rangierte „auf dem zweiten Platz der trockensten Monate aller Monate seit Beginn der Messungen 1959“, so Météo-France. In Frankreich herrscht derzeit ein Niederschlagsdefizit von 84% im Vergleich zu den Normalwerten des Zeitraums 1991-2020. Man kann also tatsächlich von einer „historischen“ Trockenheit sprechen, die heute 93 Departements in „Dürrealarm“ versetzt.

Laut den Wettervorhersagen sind echte Regenfälle in nächster Zeit nicht zu erwarten, dafür aber zunehmend ‚tropische‘ Gewitter, bei denen in sehr kurzer Zeit viel Regen fällt und das nicht unbedingt überall. Klimawissenschaftler sind besorgt: „Der Klimawandel ist da – er kommt nicht erst im Jahr 2050“. Dies zeigt sich auch in der dramatischen Schmelze der Pyrenäengletscher: Diese werden wohl bis 2030 vollständig verschwunden sein.

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Das Schwierigste kommt erst
Garonne, Tarn und Aveyron erleben ein steiles Absinken der Pegelstände, Adour, Nestes und Gave sehen auch nicht besser aus… Nach einer nur mittelmäßigen Schneemenge im Winter gab es seit Januar keine ausreichenden Regenfälle, was es den Grundwasserspeichern und Flüssen ermöglicht hätte, sich wieder aufzufüllen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hälfte des Wassers, das derzeit in Toulouse in die Garonne fließt, von den Staudämmen in den Pyrenäen abgelassen wurde, um einen Mindestwasserstand aufrechtzuerhalten. Glücklicherweise startete das Jahr mit einer zufriedenstellenden Füllung in den Stauseen. Am 22. Juli sind jedoch bereits 25 der 75 Millionen Kubikmeter Reserven verbraucht, ein Volumen, das normalerweise erst Mitte August erreicht wird. Auch die restlichen 50 Millionen Kubikmeter stellen keine Garantie für den Rest des Jahres dar. Wenn es nicht entsprechend regnet, wird es ab September und Oktober schwierig.

Ein weiteres Problem ist die Wassertemperatur. Ab 25°C wird es für die Lebewesen in den Flüssen gefährlich. Dieses Jahr steigen die Temperaturen während der Hitzewellen manchmal bis auf 30 °C, was dazu führt, das der Sauerstoffgehalt des Wassers zurück geht. Wenn der Sauerstoff fehlt, sterben jedoch die Fische.

Hitze + Phosphate führen zu einer Zunahme von Cyanobakterien in den Gewässern, und damit zu Trinkwasserproblemen für die Regionen und Städte, die kein ausreichendes Grundwasser haben, das sie abpumpen können.

220 Millionen Kubikmeter – so groß war das Defizit zwischen dem Wasserbedarf und den verfügbaren Ressourcen  allein im Südwesten Frankreichs bereits zu Beginn des Jahres. Nach aktuellen Schätzungen wird diese Zahl bis 2050 auf 1,2 Milliarden ansteigen.

Daten, die umso mehr zum Nachdenken anregen, als der „Tag der Überschreitung“ schon am 28. Juli erreicht wurde, Seither lebt die Menschheit über ihre Verhältnisse und verbraucht mehr natürliche Ressourcen, als der Planet in diesem Jahr produzieren kann.

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