Tag & Nacht

Der tropische Wirbelsturm Dikeledi zieht langsam von Mayotte ab – doch der Archipel bleibt in Alarmbereitschaft. Während die Bewohner auf eine Rückkehr zur Normalität hoffen, zeigt die Natur erneut ihre zerstörerische Kraft. Wie verarbeitet ein Gebiet, das noch vom Zyklon Chido gezeichnet ist, die nächste Katastrophe? Ein Blick auf die Lage vor Ort.


Eine zweite Nacht im Ausnahmezustand

Die Bewohner Mayottes verbrachten eine weitere Nacht in Sicherheit, hinter verschlossenen Türen – der rote Alarm bleibt bestehen. Seit Samstagabend darf sich niemand frei bewegen, mit Ausnahme von Rettungskräften und autorisierten Helfern. Und das hat seinen Grund: Die Auswirkungen von Dikeledi sind bereits jetzt verheerend.

Im Süden der Hauptinsel Grande-Terre wurden vier Dörfer, darunter Mbouini, nahezu komplett überflutet. Hier sprechen die Einsatzkräfte von Szenen, die an einen reißenden Fluss erinnern: Häuser aus Stein oder Wellblech stürzten ein, Fluten rissen Dächer fort. Glücklicherweise gibt es bislang keine Berichte über Todesopfer – ein kleiner Hoffnungsschimmer.


Eine Region im Regenstrudel

In nur drei Stunden fielen am Sonntag 120 Millimeter Regen in Bandrele, einer Stadt im Südosten Mayottes. Zum Vergleich: Das entspricht der durchschnittlichen Monatsmenge für viele Regionen in Europa. Und obwohl der Sturm nun über 210 Kilometer entfernt ist, lässt Dikeledi die Insel nicht los. Meteorologen warnen vor weiterem Starkregen und Sturmfluten – vor allem während der Hochwasserzeiten. Die Lagunen im Norden und Westen des Archipels könnten dabei besonders betroffen sein.

Mit einem Hauch von Galgenhumor fragt man sich: Warum scheint es für Mayotte in dieser Saison keine Verschnaufpause zu geben?


Chido, Dikeledi und die Schatten der Klimakrise

Erst vor einem Monat wütete Zyklon Chido in der Region, forderte 39 Menschenleben und hinterließ Tausende obdachlos. Die Dächer, die damals provisorisch geflickt wurden, haben Dikeledi nicht standgehalten. Doch nicht nur die zeitliche Nähe der Katastrophen macht nachdenklich – auch die Ursachen werfen Fragen auf. Warum scheinen diese Stürme immer intensiver zu werden?

Die Antwort liegt in der Temperatur des Indischen Ozeans, die derzeit bei fast 30 °C liegt. Wärmere Gewässer liefern tropischen Stürmen mehr Energie – eine direkte Folge des globalen Klimawandels. Dieses Phänomen, das in der Nordatlantik- und Pazifikregion ebenfalls beobachtet wurde, lässt die Zahl der extremen Wetterereignisse steigen.


Hoffnung inmitten des Chaos

Trotz der zerstörerischen Kräfte der Natur zeigen die Einsatzkräfte auf Mayotte, was Zusammenarbeit bewirken kann. Mehr als 2.800 Retter – darunter Gendarmen, Feuerwehrleute und Polizisten – sind im Einsatz, um die Bevölkerung zu schützen. Hilfszentren haben 20.000 Menschen aufgenommen, darunter auch Moscheen, die ihre Türen geöffnet haben.

„Ab Montagmorgen starten wir erneut Erkundungsmissionen, vor allem im Süden und in den am stärksten betroffenen Gebieten“, erklärte ein Sprecher der Feuerwehr. Spezialeinheiten wie die Wasserrettung und die Bergungsteams sind dabei unverzichtbar, um weitere Schäden zu minimieren.


Madagaskar: Die vergessenen Opfer

Während Mayotte noch immer mit den Auswirkungen kämpft, hat Dikeledi auch Madagaskar schwer getroffen. Im Nordosten des Inselstaates kamen mindestens drei Menschen ums Leben, über 900 wurden obdachlos. In den kommenden Tagen droht dem südlichen Teil Madagaskars eine weitere Konfrontation mit dem Sturm.

Auch Mosambik steht im Fokus. Meteorologen warnen, dass Dikeledi, die mittlerweile wieder an Stärke gewinnt, die Küsten der Region Nampula erreichen könnte. Hier wird deutlich: Tropenstürme kennen keine Grenzen – und keine Gnade.


Eine Frage der Gerechtigkeit

In der Region des Indischen Ozeans treffen Klimawandel und soziale Ungleichheit aufeinander. Inselstaaten wie Mayotte oder Madagaskar verfügen oft nicht über die Mittel, um präventive Schutzmaßnahmen gegen extreme Wetterereignisse zu ergreifen. Dabei sind es gerade diese Regionen, die am wenigsten zur Erderwärmung beitragen.

Was bedeutet das für die globale Verantwortung? Ist es nicht an der Zeit, dass die Hauptverursacher des Klimawandels – darunter Industrienationen – sich stärker für den Schutz dieser gefährdeten Gebiete einsetzen?


Fazit: Resilienz und Wandel

Die Tropenstürme Chido und Dikeledi sind eindringliche Mahnungen, wie unberechenbar die Natur geworden ist. Doch sie zeigen auch, wie wichtig Solidarität, schnelle Hilfe und präventiver Klimaschutz sind. Während Mayotte und andere Inselstaaten um ihre Zukunft kämpfen, liegt es an uns allen, eine nachhaltige Veränderung zu bewirken.

Denn eines ist sicher: Die nächste Katastrophe wird kommen – und die Zeit, sie zu verhindern, läuft ab.


Du möchtest immer die neuesten Nachrichten aus Frankreich?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!