Tag & Nacht

Die jüngsten Zahlen des französischen Statistikamtes Insee haben das Pulverfass der öffentlichen Finanzen Frankreichs aufgezeigt. Mit einem Staatsdefizit von 5,5 % des BIP, weit entfernt von den ursprünglich angestrebten 4,9 %, und einer Staatsverschuldung von 110,6 % des BIP steht die Regierung unter enormem Druck. Der seit 2017 von Präsident Macron verfolgte Grundsatz, keine neuen Steuern einzuführen, gerät zunehmend ins Wanken.

Der Ruf nach Haushaltsdisziplin wird lauter

Bereits vor der Veröffentlichung der Insee-Daten forderte der Rechnungshof das Land auf, seine Ausgaben zu zügeln und bis 2027 Einsparungen in Höhe von 50 Milliarden Euro zu realisieren – eine Aufgabe, bei der die Regierung bereits jetzt ins Straucheln gerät. Die jüngste Stellungnahme des Präsidenten des Rates für Wirtschaftsanalyse, die eine völlige Ablehnung von Steuererhöhungen angesichts der budgetären Situation als „absurd“ bezeichnet, verstärkt den Druck.

Politische Kreuzfeuer

Die politische Opposition nutzt die Situation, um die Fehlkalkulationen der Regierung scharf zu kritisieren. Während die Linke eine gerechtere Lastenverteilung fordert, indem sie sich für eine Besteuerung von Superprofiten und der wohlhabendsten Franzosen ausspricht, droht die Rechte mit einem Misstrauensvotum. Selbst innerhalb der Präsidentschaftsmehrheit brodelt es: Die progressiven Kräfte drängen auf gezielte Steuererhöhungen.

Sozialpartner und öffentliche Meinung

Auch vonseiten der Sozialpartner kommt Widerstand. Gewerkschaften wie die CGT und die CFDT plädieren für die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen, anstatt die öffentlichen Ausgaben zu kürzen. Der Medef, Frankreichs mächtigster Unternehmensverband, sieht hingegen in den Betriebsausgaben des öffentlichen Sektors das größere Übel. Die französische Bevölkerung wiederum befürwortet Einschnitte im Staatsapparat und Steuererhöhungen für profitreiche Unternehmen, lehnt aber breite Steuererhöhungen für die Allgemeinheit ab.

Der Kampf um fiskalische Gerechtigkeit

Im Kern der Debatte steht die Frage der Steuergerechtigkeit und der effizienten Verwendung von Steuergeldern. Kann es sich Frankreich leisten, Großkonzerne und die reichsten Bürger weiterhin von der nationalen Solidarität auszunehmen? Wird die Regierung ihre Linie aufrechterhalten können, oder wird sie dem Ruf nach Steuergerechtigkeit nachgeben? Die Ankündigung einer vagen Untersuchung zur „Besteuerung von Renten“ durch Finanzminister Gabriel Attal lässt die Frage offen, ob dies nur ein Ablenkungsmanöver ist oder ob eine echte Neuausrichtung der Steuerpolitik bevorsteht.


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