103 Grad Fahrenheit in der Stadt, der Asphalt glüht. Statt eines lauen Lüftchens weht nur heiße Luft – Phoenix schwitzt in einem beispiellosen Rekordsommer.
Mit dem 100. Tag in Folge über 100 Grad Fahrenheit (etwa 38 Grad Celsius) markiert der diesjährige Sommer in Phoenix eine beispiellose Wetterlage. Damit wurde der bisherige Rekord von 76 aufeinanderfolgenden Tagen aus dem Jahr 1993 weit übertroffen. Eine Zahl, die viele alarmiert – und man fragt sich: Ist das noch normal?
Die brutale Sommerhitze von 2024: Ein Blick auf die Ursachen
Meteorologen wie Sean Benedict vom National Weather Service (NWS) sprechen von einer „Augenöffner“-Statistik. Doch die erschreckende Realität dahinter ist kein Zufall: Die globale Erwärmung, größtenteils getrieben durch die von Menschen freigesetzten Treibhausgase, heizt den Planeten auf. Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas setzen weiterhin klimaschädliche Gase frei, die wiederum dafür sorgen, dass solche extremen Hitzewellen zunehmen. Das Resultat? Immer häufiger erleben wir extreme Wetterphänomene wie diese brutalen Temperaturen, aber auch Dürreperioden und verheerende Stürme.
Die sengende Hitze in Phoenix ist dabei nicht nur eine Momentaufnahme des Klimas, sondern ein Vorzeichen dessen, was viele Regionen der Welt erwartet. Die Frage drängt sich auf: Wie lange können wir Menschen solche Bedingungen noch aushalten?
Kein Regen, kein Ende in Sicht: Der endlose Sommer der Wüste Arizonas
Phoenix hat sich als Metropole inmitten der Wüste von Arizona stets mit der Sommerhitze arrangiert – aber dieser Sommer übertrifft alles. Seit dem 27. Mai hat die Stadt fast ununterbrochen Temperaturen über 38 Grad Celsius verzeichnet. „Normalerweise bringen Regenfälle der Monsunzeit eine kurze Abkühlung“, erklärt Benedict, „aber dieses Jahr? Fehlanzeige.“ Die Hitze begann früh und hat sich seitdem hartnäckig gehalten.
Die kommenden Tage versprechen auch keine Erleichterung. Extreme Hitzewarnungen für Phoenix, Las Vegas und weite Teile Kaliforniens deuten darauf hin, dass es selbst nachts oft nicht unter 32 Grad Celsius abkühlt. In einigen Gegenden, wie dem Furnace Creek im Death Valley, wird sogar mit Temperaturen bis zu 47 Grad gerechnet – eine Hitze, die selbst für wüstengewöhnte Menschen in diesen Gegenden schwer zu ertragen ist.
Hitze fordert ihren Tribut: Eine tödliche Bedrohung
Während der Sommer in Arizona und Nevada stetig neue Hitzerekorde aufstellt, hinterlassen diese Extrembedingungen eine tödliche Spur. In Maricopa County, dem Großraum von Phoenix, sind bis zum 24. August bereits 150 hitzebedingte Todesfälle bestätigt – und das ist nur der Anfang. Weitere 443 Fälle werden noch untersucht.
Die Zahlen des Vorjahres zeigen das Ausmaß: 645 Menschen starben 2023 in dieser Region infolge der Hitze. Es sind nicht nur ältere oder gesundheitlich vorbelastete Menschen, die betroffen sind – die Hitze macht vor niemandem halt. Besonders für die Bewohner ärmerer Viertel, wo oft keine Klimaanlage vorhanden ist, kann das Leben in solchen Temperaturen zur tödlichen Gefahr werden.
Ähnlich dramatisch ist die Situation im benachbarten Clark County, Nevada. Hier, wo Las Vegas liegt, wurden dieses Jahr schon 181 hitzebedingte Todesfälle registriert, und es könnten noch mehr werden. Denn es dauert oft Monate, bis die Todesursachen vollständig aufgeklärt sind.
Hitzestress im Alltag: Kein Entkommen für Outdoor-Arbeiter
Doch nicht nur in den Zahlen zeigt sich die Härte dieses Sommers. Viele Menschen spüren die Gluthitze in ihrem Alltag – und besonders für diejenigen, die draußen arbeiten, wird jede Schicht zur Tortur. Snack-Verkäufer zum Beispiel, kämpfen sich durch die Hitze, während der Asphalt unter ihren Füßen förmlich glüht.
„Sonnencreme und eisgekühltes Wasser – anders hält man das nicht aus“, sagt ein Verkäufer gegenüber der Nachrichtenagentur AP.
Eine Stadt im Ausnahmezustand: Die Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität
In der Wissenschaft wird zunehmend vor den gesundheitlichen Folgen solcher Hitzewellen gewarnt. Wenn die nächtlichen Temperaturen nicht mehr unter 90 Grad Fahrenheit (32 Grad Celsius) fallen, kann sich der Körper nicht mehr ausreichend regenerieren. Diese „tropischen Nächte“, von denen Phoenix in diesem Sommer bereits 37 erlebt hat, belasten das Herz-Kreislauf-System und erhöhen das Risiko für Hitzeschläge und Dehydrierung.
Erinanne Saffell, Klimatologin an der Arizona State University, weist darauf hin, dass das anhaltende extreme Hitze die Gesundheit vieler Menschen ernsthaft gefährden kann. „Der Körper speichert die Hitze – wenn er nicht abkühlen kann, drohen gesundheitliche Probleme“, erklärt sie.
Phoenix und seine Schattenseiten: Wer leidet am meisten?
Wie in vielen Umweltkrisen sind es oft die Schwächsten, die am stärksten betroffen sind. In Phoenix trifft das besonders auf die einkommensschwächeren Gegenden zu. In Vierteln ohne Klimaanlagen, wo die Bewohner dicht an dicht in schlecht isolierten Wohnungen leben, kann die Hitze schnell lebensbedrohlich werden. Während wohlhabendere Haushalte sich in klimatisierte Räume zurückziehen können, kämpfen andere buchstäblich ums Überleben.
Ramiro Lopez, ein Landschaftsgärtner in den Vororten von Phoenix, kennt diese Herausforderungen nur zu gut. „Es fühlt sich jedes Jahr heißer an“, sagt er. Zwischen den Jobs zieht er sich immer wieder in seinen klimatisierten Truck zurück, um der Hitze zu entkommen. „Man muss viel trinken und sicherstellen, dass man spätestens um 13 Uhr fertig ist“, erklärt er. „Anders wird es einfach zu viel.“
Lösungen für eine überhitzte Zukunft?
So drängend die Situation auch ist, es gibt Hoffnung. Klimaanpassungen und Maßnahmen zur Minderung der globalen Erwärmung können zumindest langfristig helfen, die schlimmsten Auswirkungen abzumildern. Die Wissenschaft hat längst bewiesen, dass eine Reduktion der Treibhausgase durch erneuerbare Energien, effizientere Stadtplanung und nachhaltige Praktiken möglich ist. Doch wir dürfen nicht warten, bis es zu spät ist.
Auch für Städte wie Phoenix müssen innovative Lösungen her. Urbanes Design, das auf Begrünung setzt und die Versiegelung von Flächen reduziert, könnte dazu beitragen, die Hitze zu mildern. Gemeinschaftliche Kühlzentren, wie sie bereits in Los Angeles und anderen Städten eingerichtet wurden, bieten eine kurzfristige Notlösung – aber langfristig muss mehr geschehen.
Denn eines ist sicher: Der Sommer 2024 mag ein Rekordjahr sein, aber ohne tiefgreifende Veränderungen wird er nicht das letzte dieser Art sein. Die Hitze des Augenblicks ist ein Blick in die Zukunft, und die Frage, die bleibt, lautet: Wie lange können wir dem noch standhalten?
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!