Stell dir vor, du bekommst jeden Monat 150 Euro, um hochwertige Lebensmittel zu kaufen – und das ganz unabhängig von deinem Einkommen. Klingt gut? Genau das steckt hinter der Idee der „Sécurité sociale de l’alimentation“ – einer Art Sicherheitskasse für Lebensmittel.
Die Grünen in Frankreich haben einen Gesetzesvorschlag eingebracht, um dieses Modell landesweit zu testen. Am 20. Februar wird das Thema in der Nationalversammlung diskutiert. Doch wie genau soll das funktionieren?
Ein solidarisches System für bessere Ernährung
Die Grundidee ist simpel: Jeder zahlt – je nach Einkommen – eine Sozialabgabe und erhält im Gegenzug monatlich 150 Euro, die in bestimmten Geschäften, auf Märkten oder bei Landwirten ausgegeben werden können. So ähnlich wie bei der Krankenversicherung, nur eben für Lebensmittel.
Der grüne Abgeordnete Charles Fournier beschreibt das Ziel so:
„Wir wollen die Prinzipien der Sozialversicherung auf den Bereich Ernährung ausweiten.“
Drei Kernpunkte machen das Modell besonders:
- Jeder bekommt die gleiche Summe. Egal, ob man viel oder wenig verdient – es gibt keine Einkommensprüfung.
- Geld gibt es nur für bestimmte Produkte. Die Läden und Erzeuger müssen sich verpflichten, umweltfreundliche und gesunde Produkte anzubieten.
- Die Finanzierung läuft über Sozialabgaben. Wer mehr verdient, zahlt mehr in das System ein. Ergänzend könnten auch öffentliche Gelder genutzt werden.
Doch lohnt sich das? Immerhin würde das System laut Schätzungen 120 Milliarden Euro pro Jahr kosten.
Erste Tests laufen bereits
Klingt nach einer revolutionären Idee – aber ist sie umsetzbar?
Frankreich hat bereits begonnen, es auszuprobieren. Rund 40 lokale Initiativen gibt es bereits. In der Gironde beispielsweise erhalten 400 Teilnehmer eine Lebensmittelwährung namens „MonA“. Wer wenig verdient, zahlt nur 10 Euro pro Monat ein und bekommt dafür 150 Euro Guthaben. Das Geld kann in bestimmten Läden und auf Märkten ausgegeben werden. Finanziert wird das Projekt teils durch die Abgaben der Teilnehmenden, teils durch den Département-Rat.
Auch in anderen Regionen wie dem Elsass, Paris oder Montpellier gibt es ähnliche Versuche. Besonders die Confédération Paysanne, eine bäuerliche Gewerkschaft, setzt sich für das Modell ein.
Aber kann man solche regionalen Experimente wirklich auf ein ganzes Land ausdehnen?
Das geplante Gesetz – ein erster Schritt
Um das Modell großflächig zu testen, wurde ein Gesetzesvorschlag eingebracht. Er sieht eine fünfjährige Testphase vor, in der lokale Sicherheitskassen für Lebensmittel mit staatlicher Unterstützung finanziert werden.
Bisher gab es gemischte Reaktionen. Am 12. Februar wurde das Vorhaben zwar in einer ersten Abstimmung positiv bewertet – doch einige Abgeordnete befürchten hohe Kosten. Charles Fournier kontert:
„Diese Argumente gab es auch, als die Sozialversicherung eingeführt wurde.“
Er verweist darauf, dass die geplante Testphase den Staat lediglich bis zu 35 Millionen Euro pro Jahr kosten würde – eine vergleichsweise geringe Summe für ein potenziell revolutionäres System.
Eine Zukunftsidee oder realistische Reform?
Ob das Modell tatsächlich eingeführt wird, bleibt abzuwarten. Klar ist aber: Das Thema Ernährungssicherheit wird immer wichtiger.
Könnte ein ähnliches System auch in anderen Ländern funktionieren? Und würde es wirklich zu besserer Ernährung führen – oder doch nur die Bürokratie aufblähen?
Eines ist sicher: Die Idee stellt unser Verständnis von Ernährung als individuelles Gut auf den Kopf. Vielleicht wird die Frage in Zukunft nicht mehr sein, ob man sich gesunde Lebensmittel leisten kann – sondern wie sie gerecht verteilt werden.
Von Andreas M. B.
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