Samstagnachmittag, südfranzösische Hitze, die Luft flirrt über der A9 – dann schlägt das Feuer zu.
Ein gewaltiger Flächenbrand hat die Region um Sigean im Département Aude am 26. Juli 2025 in einen Ausnahmezustand versetzt. Was als Rauchfahne am Rand der Autobahn begann, entwickelte sich binnen Stunden zu einem großflächigen Brandinferno, das über 610 Hektar Vegetation fraß, rund tausend Menschen zur Flucht zwang und den Süden Frankreichs einmal mehr an seine Grenzen brachte.
Panik, Flucht, Ungewissheit
Es war kurz nach Mittag, als die ersten Notrufe eingingen. Anwohner bemerkten Rauch, hörten das Knistern trockener Pinienwälder – und mussten innerhalb weniger Minuten entscheiden, was sie mitnehmen und was zurücklassen. Zwei Campingplätze und mehrere Wohnsiedlungen wurden evakuiert. In einem eigens geöffneten Gymnasium fanden die Evakuierten Zuflucht. Doch viele hatten nur das Nötigste dabei – ein Rucksack, das Handy, vielleicht noch den Hund.
Ein Tourist berichtete später: „Erst der Geruch, dann die Flammen – und dann ging alles ganz schnell.“
Für viele wurde aus dem Urlaubstraum ein Albtraum. Port-la-Nouvelle und La Palme, sonst quirlig und sommerlich bunt, waren plötzlich Teil eines Kampfes gegen die Naturgewalt Feuer.
Ein Großaufgebot gegen die Flammen
Frankreich zog alle Register. Über 630 Feuerwehrleute, 160 Einsatzfahrzeuge, sechs Canadair-Löschflugzeuge, vier Dash-Wasserbomber und zwei Hubschrauber: Die Feuerwehr kämpfte mit ganzer Kraft – und unter widrigsten Bedingungen. Windböen von bis zu 80 Kilometern pro Stunde trieben die Flammen unberechenbar voran.
Die Hitze – brutal. Die Sicht – miserabel. Die Gefahr – allgegenwärtig.
Vier Feuerwehrleute wurden verletzt, zwei davon mussten wegen Rauchvergiftung ins Krankenhaus. Glück im Unglück: Lebensgefahr bestand keine.
Aus dem Département Alpes-Maritimes kamen zusätzliche Kräfte zur Unterstützung. Der Boden zitterte vor Hubschrauberrotoren und Löschfliegern – ein Szenario, wie man es eher aus Katastrophenfilmen kennt.
Strom weg, Straßen zu, Häuser zerstört
Die Bilanz des Feuers: Zwei Häuser in Sigean schwer beschädigt, eines nahezu vollständig niedergebrannt. Fast 5.000 Haushalte ohne Strom. Verkehrschaos auf den umliegenden Straßen – RD6009, RD709, RD205 gesperrt. Die Autobahn A9 blieb offen, doch die Blechlawine kam vielerorts zum Stehen.
Am Abend durften die meisten Evakuierten zurück – doch die Angst reiste mit. Denn das Feuer war noch nicht vollständig unter Kontrolle. In der Nacht auf Sonntag überwachten Einsatzkräfte die betroffenen Gebiete, um ein Aufflammen zu verhindern.
Ein Sommer der Brände – und der Warnungen
Was besonders beunruhigt: Das war nicht der erste Großbrand in der Region in diesem Sommer. Erst drei Wochen zuvor hatte ein Feuer bei Narbonne 2.000 Hektar Wald und Buschland zerstört. Der Süden Frankreichs ist mittlerweile ein Pulverfass – und ein winziger Funke genügt.
Experten schlagen Alarm: Der Klimawandel zeigt hier sein feuriges Gesicht. Hitzeperioden werden länger, die Vegetation trockener, das Risiko allgegenwärtig. Und während Wälder verbrennen, stellen sich viele die Frage: Wie lange kann das noch gut gehen?
Zwischen Heldentum und Hilflosigkeit
Was bleibt, ist ein Gefühl zwischen Bewunderung und Beklemmung.
Bewunderung für die Rettungskräfte, die mit Mut und Ausdauer gegen ein gnadenloses Element ankämpfen. Für Menschen, die Fremde in ihren Häusern aufnahmen. Für Behörden, die schnell und besonnen handelten.
Und Beklemmung angesichts dessen, was dieser Brand bedeutet: Dass das, was früher Ausnahme war, nun zur Regel wird.
Müssen wir also lernen, mit dem Feuer zu leben? Oder gibt es noch einen Weg zurück?
Ein Patentrezept gibt es nicht. Aber klar ist: Prävention, Risikomanagement und Klimaschutz gehören künftig ganz oben auf die Agenda. Sigean war ein weiterer Weckruf – hoffentlich einer, der gehört wird.
Von C. Hatty
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!