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Achtzig Jahre nach seinem Tod soll Missak Manouchian, ein Überlebender des armenischen Völkermords, in die Ruhmeshalle des französischen Widerstands aufgenommen werden. Auch seiner Frau Melinee, die während des Zweiten Weltkriegs ebenfalls in Paris im Widerstand tätig war, wird diese Ehre zuteil.

Nach Simone Veil im Jahr 2018 und Josephine Baker im Jahr 2021 wird das Pantheon zwei neue Helden des 20. Jahrhunderts aufnehmen: die Widerstandskämpfer Missak Manouchian und seine Frau Mélinée. Das Ehepaar, das zuvor den armenischen Völkermord überlebt hatte, zeichnete sich durch seinen bewaffneten Kampf gegen die deutsche Besatzung im Großraum Paris während des Zweiten Weltkriegs aus. Ihre Pantheonisierung wird am 21. Februar 2024 stattfinden, 80 Jahre nach der Hinrichtung des militanten Kommunisten.

Missak Manouchian wurde am 1. September 1906 in Adiyaman im Süden der heutigen Türkei als viertes und letztes Kind einer armenischen Bauernfamilie geboren. Als er neun Jahre alt war, wurde er Zeuge der Massaker, die Türken an dem armenischen Volk verübten. Er verlor fast seine gesamte Familie, zusammen mit seinem Bruder Karapet war Missak einer der wenigen Überlebenden. Das Massaker prägte den jungen Mann, der bereits in der Erinnerung an frühere Massaker Ende des 19. Jahrhunderts aufgewachsen war, zutiefst.

Nach Kriegsende wurden er und sein Bruder von einem französischen Waisenhaus im Libanon betreut. Missak Manouchian erlebt dort dem Einfluss der französischen Kultur und integriert sich in diesem Land, das ihm als Beschützer und Wohltäter erschien. Er emigrierte 1925 nach Marseille und arbeitete zunächst auf den Schiffswerften von La Seyne-sur-Mer (Var), bevor er als Dreher bei Citroën in Paris geholt wurde.

In Frankreich ging Missak Manouchian seiner großen Leidenschaften, dem schreiben, nach. Im Juli 1930 beteiligte er sich an der Gründung einer Literaturzeitschrift, in der er Übersetzungen von Gedichten von Baudelaire, Verlaine und Victor Hugo veröffentlichte. „Er hatte eine sehr starke Bindung an das Frankreich der Menschenrechte und der Französischen Revolution entwickelt“, erklärt der Historiker Denis Peschanski, der sich auf den Zweiten Weltkrieg spezialisiert hat, in der Zeitung Ouest-France. Schließlich schloss Manouchian sich der kommunistischen Bewegung Frankreichs an und wurde 1935 ein wichtiger Kader der Kommunistischen Internationale.

1943 schloss sich Missak Manouchian der kommunistischen Résistance an und bildete die „Gruppe Manouchian“, eine der aktivsten bewaffneten Bewegungen gegen die deutsche Besatzung. Etwa 60 Männer und Frauen der Francs-tireurs et partisans de la Main-d’œuvre immigrée (FTP-MOI) bildeten diese Gruppe ausländischer Widerstandskämpfer, die der Kommunistischen Partei Frankreichs nahestand.

In der Hauptstadt Frankreichs waren es damals diese Ausländer, die den bewaffneten Kampf gegen die Deutschen anführten. Manouchian war der Militärkommissar einer dieser Gruppen.

Nach intensiven Ermittlungen wurde Missak Manouchian am 16. November 1943 von den Deutschen in Evry-Petit Bourg (im Département Essonne) verhaftet. Er wurde am 21. Februar 1944 zusammen mit 21 anderen Widerstandskämpfern auf dem Mont-Valérien (Hauts-de-Seine) hingerichtet.

Wenige Stunden vor seinem Todesurteil schrieb er aus dem Gefängnis in Fresnes einen Brief an seine Frau Mélinée: „Meine liebe Mélinée, mein geliebtes Waisenkind, in einigen Stunden werde ich nicht mehr auf dieser Welt sein. (…) Glück für diejenigen, die uns folgen und die Süße der Freiheit und des Friedens von morgen kosten werden. Ich bin sicher, dass das französische Volk und alle Freiheitskämpfer unser Andenken würdig ehren werden“.

Wie bei Simone Veil und ihrem Ehemann Antoine, die 2018 in das Pantheon aufgenommen wurden, wollte die Familie, dass das Ehepaar Manouchian auch im Tod vereint bleibt. Mélinée Manouchian wurde 1913 in Konstantinopel (heute Istanbul) geboren und wurde im Alter von drei Jahren zur Waise, nachdem ihre Eltern beim Völkermord an den Armeniern getötet worden waren.

1934 lernte sie Missak Manouchian bei der Jahresfeier der französischen Sektion des Hilfskomitees für Armenien (HOC) kennen. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, hat Mélinée Manouchian die Aufgabe, Flugblätter abzutippen und geheime Nachrichten zu überbringen. Zwei Jahre später beschließen beide, sich dem bewaffneten Kampf anzuschließen. Die junge Frau wird damit beauftragt, Ziele für Attentate ausfindig zu machen und auszuspionieren und dann Berichte für die Kommandos zu verfassen.

Als ihr Mann Ende 1943 verhaftet wird, findet Mélinée Manouchian Zuflucht bei ihrer Freundin Knar Aznavourian, der Mutter des Sängers Charles Aznavour. Sie erfährt erst mehrere Wochen später von der Hinrichtung ihres Mannes. Am 31. Dezember 1986 wurde sie von François Mitterrand zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Sie starb am 6. Dezember 1989 und wurde auf dem Pariser Friedhof in Ivry-sur-Seine (Val-de-Marne) beerdigt. Ihr Sarg wurde fünf Jahre später, 1994, mit dem ihres Mannes unter der weißen Stele der für Frankreich gefallenen Soldaten vereint.


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