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Das Handelsgericht in Lille hat die bekannte französische Modekette Camaïeu unter Insolvenzverwaltung gestellt. 512 Geschäfte werden geschlossen und 2.600 Arbeitsplätze werden abgebaut. Rückblick auf die Geschichte eines ehemaligen Modegiganten.

Die Camaïeu-Saga ist zu Ende. Die Geschichte der 1984 in Roubaix im Norden Frankreichs gegründeten Prêt-à-porter-Marke geht diese Woche zu Ende. Das Handelsgericht in Lille verkündete die gerichtliche Liquidation der Marke, was die Schließung der 512 Geschäfte in Frankreich und die Entlassung von 2.600 Beschäftigten zur Folge haben wird.

Camaïeu befand sich zwei Jahre nach der Übernahme durch den Aktionär Hermione People and Brands (HPB) im gerichtlichen Sanierungsverfahren. Der Aktionär und Investor hatte dem Handelsgericht einen Plan vorgelegt, der den Abbau von 500 Arbeitsplätzen zur Folge gehabt hätte. Er hatte vom Staat einen Kredit in Höhe von 48 Millionen Euro verlangt. Ohne Erfolg. Das Gericht kam schliesslich zu der Ansicht, dass Camaïeu keine Zukunft mehr habe.

Bei seiner Gründung in den 1980er Jahren hatte Camaïeu einen durchschlagenden Erfolg. Die Konfektionskette bietet seither ein ständig wechselndes Angebot. Innerhalb von zehn Jahren wurde sie mit 200 Geschäften zum Marktführer im Bereich Konfektionskleidung in Frankreich. In den 90er Jahren wurden Camaïeu homme und Camaïeu enfant eingeführt. Ende der 90er Jahre verkauft Camaïeu seinen Herrenbereich, der in Jules umbenannt wird, sowie das Kindersegment, das bis heute Okaïdi heißt. Ab Anfang der 2000er Jahre expandiert Camaïeu international in rund 15 Länder. Und verschuldet sich zunehmend.

Die Jahre vergehen, der Textilmarkt schrumpft, und Camaïeu schafft es nicht rechtzeitig, die Kurve zum Online-Verkauf zu kriegen. Neben diesem Fehlschlag etablieren sich auf französischem Boden Billigmarken mit ebenfalls ständig wechselnden Kollektionen: die spanische Zaza, die schwedische H&M, die irische Primark. Der Wettbewerb ist hart. Mehrere Investmentfonds kaufen die Aktien von Camaïeu auf.

Im Mai 2020, mitten in der Covid-Krise, befindet sich Camaïeu in einem gerichtlichen Sanierungsverfahren. Die Justiz überträgt die Zügel Michal Ohayon, einem Geschäftsmann, der die Financière Immobilière Bordelaise leitet. Seine Tochtergesellschaft Hermione People and Brands besitzt die Marken La Grande Récré, Go sport, Gap France und mehrere Galeries Lafayette. Er behält zunächst 511 der 634 Geschäfte und 2.600 von 3.100 Arbeitsplätzen bei. Ein Jahr später, im Juni 2021, ist Camaïeu Ziel einer großen Cyberattacke. Der Betrieb wird komplett lahmgelegt, der daraus entstandene Verlust beläuft sich auf 45 Millionen Euro.

Obwohl die Marke wiederbelebt werden konnte, wollte das Management nicht die gesamte Miete für die Geschäfte zahlen, die während der Pandemie geschlossen geblieben waren. Keine Frage entscheidet das Kassationsgericht am 30. Juni. Ladeninhaber können während des Covid-Zeitraums keine Senkung ihrer Mieten erwirken. Camaïeu muss also seine Mieten begleichen – und das versetzte der Modekette den Todesstoss.

Am Samstagabend werden die Camaïeu-Geschäfte endgültig schliessen müssen.


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