Tag & Nacht

Trotz der Hoffnung auf wirtschaftliche Aufschwünge enttäuschen die Umsätze in Saint-Germain-des-Prés, einem Touristenmagneten in Paris, die Inhber von Geschäften und Restaurants. Nach zehn Tagen voller Verkehrseinschränkungen im Vorfeld der Eröffnungszeremonie scheint auch das erste Wochenende der Olympischen Spiele keine Verbesserung zu bringen.

Am Sonntag, dem 28. Juli, strahlt die Sonne über Paris, aber die Terrasse der Pizzeria Agata bleibt leer. Trotz des Beginns der Olympischen Spiele bleibt die erwartete Menschenmenge aus. Zur Mittagszeit betreten zwei Touristen das Restaurant, um einen Kaffee zu trinken. Der Inhaber nimmt die Bestellung ohne Murren an. „Normalerweise machen wir im Juli die besten Umsätze, aber dieser Juli fühlt sich an wie ein November. Wir liegen etwa 40.000 Euro hinter den Einnahmen vom Juli 2023 zurück“, berichtet Bruno, Mitinhaber des Restaurants.

Die Geschäfte im sechsten Arrondissement von Paris litten bereits unter den Verkehrsbeschränkungen, die zwischen dem 18. und 26. Juli im Rahmen des Anti-Terror-Perimeters verhängt wurden. Auch das Zeitfahren am Samstag auf dem Boulevard Saint-Germain konnte die Situation nicht retten. „Es war zwar viel los, aber ich habe trotzdem 2.500 bis 3.000 Euro weniger eingenommen als an einem normalen Samstag“, so Bruno. „Uns wurde versprochen, dass die Spiele die Wirtschaft ankurbeln würden, aber viele Touristen konsumieren kaum etwas.“

Hoffnungsschimmer und Ernüchterung

Ein paar Schritte weiter, beim Café de Flore und Les Deux Magots, sieht die Lage etwas besser aus. Diese beiden bekannten gastronomischen Institutionen füllen ihre Terrassen wieder, nachdem die trüben Tage vorbei sind. „Wir lagen während der Verkehrssperren etwa 20 bis 25 Prozent unter dem Normalumsatz, aber jetzt, mit dem besseren Wetter und ohne die Absperrungen, atmen wir langsam auf“, erklärt Camille, Assistent der Geschäftsführung bei Les Deux Magots.

Beim Relais de l’Entrecôte bildet sich um die Mittagszeit eine Schlange von etwa dreißig Personen. „Seit gestern läuft es besser, noch nicht wie üblich, aber wir hoffen, dass es sich steigert“, bemerkt Magali, die seit 23 hier Jahren Geschäftsführerin ist. „Unsere Gästezahlen stiegen von 128 am Freitagabend auf 328 am Samstagabend“, erzählt auch ein Kellner einer großen Brasserie in der Nähe.

Dennoch bleibt die Gesamtstimmung gedämpft. „Wir liegen immer noch unter unseren Erwartungen. Vielleicht sind die Touristen alle auf der rechten Uferseite der Seine?“, fragt sich ein Kellner aus Saint-Germain-des-Prés.

Ein Schatten über dem Kunstviertel

„In den letzten zehn Tagen habe ich fast nichts verkauft, es war eine Katastrophe“, klagt Pierre-Michel, Geschäftsführer eines Bekleidungs- und Einrichtungsgeschäfts. „Jetzt geht es langsam wieder los, aber es dauert, bis die Dinge wieder in Schwung kommen.“ Einige Straßen sind immer noch durch Absperrungen blockiert. Richard, ein Galerist, raucht nervös eine Zigarette vor seiner Kunstgalerie in der Rue des Saint-Pères. „Die Leute können nicht vorbeikommen. Es ist wirklich deprimierend, aber wir müssen das durchstehen“, sagt er. Richard überlegt, ob er seine Galerie während der restlichen Zeit der Spiele schließen soll und will „die nächsten Tage abwarten“, um eine Entscheidung zu treffen.

Wo sind die Touristen?

Pierre-Yves, der Inhaber einer Modeboutique, hat einige Absperrungen verschoben, um mehr Sichtbarkeit zu erlangen. Trotzdem bleibt er oft allein hinter seiner Kasse: „Die Zeit nach der Eröffnungszeremonie ist immer noch nicht sehr aufregend. Wir machen nur ein Drittel des Umsatzes, den wir normalerweise im Juli hätten.“ Die Tourismusbehörde von Paris hatte 15 Millionen Besucher für die Zeit der Olympischen Spiele vorhergesagt, darunter 11 Millionen allein für die Olympischen Spiele, und bedeutende wirtschaftliche Auswirkungen versprochen. „Aber hier sehe ich niemanden. Es ist wie in der Gobi-Wüste, hier ist tote Hose“, schimpft Philippe, Verkäufer in einer Buchhandlung in der Rue Bonaparte. „Sie haben uns erzählt, dass die Spiele die Wirtschaft boosten würden, aber die Touristen sind nicht gekommen“, so seine Einschätzung.

Einige Besucher betreten die Buchhandlung kurz, verlassen sie jedoch schnell wieder. Das Hotel Fougère auf der anderen Straßenseite ist auch noch nicht ausgebucht. „In den letzten zwei, drei Tagen wurde es besser, aber wir hatten eine große Flaute zwischen dem 15. und 25. Juli. Wir sollten eigentlich bis zum 5. August voll belegt sein“, berichtet Dominique von der Rezeption.

Ein Blick nach vorne

„Wir haben diesen Juli viel schlechter abgeschnitten als letztes Jahr und die kommenden zwei Wochen werden die Saison nicht retten“, sagt Dominique, Kundenbetreuer im Hotel Fougère. Einige Geschäftsinhaber fordern finanzielle Entschädigungen für die Einbußen im Juli. „Ich denke aber, das ist für den Staat nicht machbar“, meint Dominique.

Manche Geschäftsleute glauben, dass die Touristen auf die olympischen Stätten beschränkt sind, während andere bemerken, dass die Besucher zwar vorbeikommen, aber nichts kaufen. „Ich war bei der Weltmeisterschaft 1998 und der Euro 2006 dabei, und es ist immer dasselbe“, sagt ein Buchhändler vom Quai Malaquais resigniert.

Obwohl mehrere Geschäfte am Sonntag geöffnet hatten, um olympische Touristen zu empfangen, bleibt die Bilanz zur Mittagszeit enttäuschend. „Gestern haben wir viele Regenkleidung verkauft, aber heute hatten wir in zwei Stunden nur vier oder fünf Kunden“, berichten die Verkäufer eines Bekleidungsgeschäfts. „Verglichen mit dem letzten Jahr ist kaum jemand hier. Unsere Pariser Stammkunden sind weg und unter den Touristen finden wir keine neuen Kunden“, bestätigen Lila und Victoire, Verkäuferinnen in einer Parfümerie. „Das ist nicht das, was uns angekündigt wurde.“

Ein paar Meter weiter langweilt sich Alexandra, die Inhaberin eines Coffee Shops. „Ich habe heute geöffnet, in der Hoffnung auf etwas Betrieb, aber es ist super ruhig. Man spürt nicht, dass die Touristen hier Geld ausgeben möchten. Verglichen mit dem letzten Jahr ist es katastrophal.“ Nach diesem enttäuschenden Saisonbeginn überlegt die Besitzerin sogar, ihr kleines Café endgültig zu schließen.

Ein Hoffnungsschimmer?

Trotz der trüben Aussichten bleibt eine kleine Hoffnung: Mit dem Fortschreiten der Spiele und der anhaltenden Verbesserung des Wetters könnte sich die Lage noch ändern. Die Olympischen Spiele sind noch lange nicht vorbei, und vielleicht kommt die ersehnte Welle von Touristen und Einkäufen ja doch noch – auch wenn es aktuell schwer vorstellbar ist. Wer weiß, vielleicht bringt die zweite Halbzeit das ersehnte Tor.


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