Ein weltweiter Temperaturanstieg als Folge dieses Wetterphänomens wird spätestens für das Jahr 2024 erwartet. Die Vereinten Nationen rufen die Regierungen der Welt dazu auf, sich auf die Auswirkungen El Niño vorzubereiten.
Es ist offiziell: El Niño hat wieder begonnen. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), eine Organisation der Vereinten Nationen, gab am Dienstag, dem 4. Juli, den Beginn einer neuen Episode dieses Wetterphänomens bekannt, das sich „allmählich verstärken“ soll. Nachdem am Montag weltweit der wärmste Tag seit Beginn der Aufzeichnungen verzeichnet wurde, warnt die Organisation vor einer 90%igen Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem „weiteren Anstieg der globalen Temperatur“ und zu „Störungen der Wetter- und Klimabedingungen“ kommen wird.
El Niño wird sich das ganze Jahr über mit einer Intensität fortsetzen, die „zumindest mäßig“ sein dürfte, so die UNO-Organisation weiter. Die Auswirkungen auf den Anstieg der globalen Temperaturen zeigen sich meist jedoch in allem umfang erst im Jahr nach Beginn des Wetterphänomens und dürften daher 2024 stärker spürbar sein, als in 2023.
El Niño ist ein Naturphänomen, das sich im tropischen Pazifik bildet und im Durchschnitt alle zwei bis sieben Jahre auftritt. Es geht mit einer Erwärmung der Oberflächenwassertemperaturen „im zentralen und östlichen Pazifik“ einher und ist Teil einer globalen Erwärmung des Klimas, die „durch menschliche Aktivitäten“ hervorgerufen wird, so die WMO.
Die Folgen von El Niño sind je nach Region unterschiedlich. In einigen südlichen Regionen wie Lateinamerika, den südlichen USA und dem Horn von Afrika kann El Niño zu erhöhten Niederschlagsmengen führen, was Überschwemmungen und Erdrutsche zur Folge haben kann. Im Gegensatz dazu kann er in Australien, Indonesien, Teilen Südasiens oder auch Mittelamerika zu schweren Dürren führen.
Hitzerekorde in Aussicht
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch nicht möglich, die Intensität oder Dauer des aktuellen El Niño vorherzusagen. Die letzte Episode, die auf den Zeitraum 2018-2019 zurückgeht, wurde als schwach eingestuft. Die vorherige Episode, die zwischen 2015 und 2016 auftrat, war hingegen von hoher Intensität.
Anfang Mai hatte die WMO bereits erklärt, dass der Zeitraum 2023-2027 aufgrund der kombinierten Wirkung von El Niño und der globalen Erwärmung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der wärmste Zeitraum sein wird, der jemals auf der Erde gemessen wurde, und damit den Rekord von 2016 (das weltweit wärmste gemessene Jahr) noch übertreffen wird. „Die Ankunft von El Niño wird die Wahrscheinlichkeit von Temperaturrekorden und die Auslösung extremerer Hitze in vielen Teilen der Welt und in den Ozeanen erheblich erhöhen“, betont der Generalsekretär der Agentur, Petteri Taalas. Er sagte, er sende „ein Signal“ an die Regierungen der Welt, „dass sie sich darauf vorbereiten sollen, wie sie die Auswirkungen auf unsere Gesundheit, unsere Ökosysteme und unsere Wirtschaft zu begrenzen“.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihrerseits ist besorgt über einen Anstieg wasserbedingter Krankheiten wie Cholera, aber auch über einen Anstieg der Epidemien von durch Mücken übertragenen Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber sowie der Fälle von Infektionskrankheiten wie Masern und Meningitis.
Was ist in Frankreich zu erwarten?
Laut Météo France ist es derzeit schwierig, Auswirkungen von El Niño, die man im französischen Mutterland beobachten könnte, vorherzusehen. Zur Zeit ist das europäische französische Kernland, das weit vom Pazifik entfernt liegt, nicht direkt von den El Niño-Auswirkungen betroffen. Tropische Stürme, die weiter östlich als üblich auftreten, könnten jedoch Französisch-Polynesien treffen.
Laut dem Meteorologen Guillaume Séchet ist eine El-Niño-Episode „nicht unbedingt gleichbedeutend mit einem warmen Jahr in Frankreich“. „Das Jahr 2016 mit dem stärksten El Niño der jüngsten Zeit führte zu einer nationalen Anomalie von +0,5°C, die niedriger war als die der beiden La-Niña-Jahre (umgekehrtes Phänomen von El Niño, das einen Temperaturrückgang verursacht), die darauf folgten (+0,8°C im Jahr 2017 und +1,3°C im Jahr 2019)“.
Auch wenn El Niño die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Durchschnittstemperatur Rekorde bricht, „ist es hauptsächlich die vom Menschen verursachte globale Erwärmung, die diesen Trend verursacht“, erklärt Météo France. Die WMO schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass die jährliche Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche in mindestens einem der nächsten fünf Jahre um 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau liegen wird, auf 66%.
Abonniere einfach den Newsletter unserer Chefredaktion!