Ein flirrender Horizont, Luft flimmert über Asphalt, Thermometer kratzen an der 40-Grad-Marke – Frankreich erlebt im August 2025 seine zweite massive Hitzewelle des Sommers. Und diese hat es in sich: nicht nur wegen der Temperaturen, sondern vor allem wegen ihrer Dauer und geografischen Ausdehnung.
Was sich seit dem 8. August über das Land legt, ist keine vorübergehende Sommerhitze. Es ist die 51. offiziell registrierte Hitzewelle seit 1947 – und sie trifft eine Nation, die mit jedem Grad Celsius mehr an ihre Belastungsgrenze stößt.
Von Spanien bis in den Norden – die Hitze kennt keine Grenze
Es fängt alles mit einer heißen Luftmasse an, die über Spanien hereinschwappt. Verstärkt wird sie von den Resten des ehemaligen Tropensturm Dexter, der sich über dem Atlantik in ein stationäres Hitzesystem verwandelte. Das Ergebnis: ein klassischer „Hitzedome“, wie Meteorologen sagen – ein gigantischer, heißer Deckel, unter dem sich die Hitze staut und kaum entweichen kann.
Bereits am Freitag erreichen die Temperaturen im Südwesten Frankreichs zwischen 35 und 39 Grad – lokal sogar bis zu 40 Grad. Der Osten zieht schnell nach. Im Rhône-Tal, der Drôme oder dem Zentralmassiv herrscht seit Tagen Tropennacht-Alarm: Die Temperaturen sinken auch nachts kaum unter 20 Grad. Erholung? Fehlanzeige.
Wetterdienste schlagen Alarm – elf Départements auf Warnstufe Orange
Die Reaktion von Météo-France ließ nicht lange auf sich warten. Elf Départements – darunter der Lot, die Ardèche, die Isère oder die Loire – stehen mittlerweile auf „vigilance orange“, der zweithöchsten Warnstufe für Hitzewellen. 24 weitere Départements befinden sich in „vigilance jaune“ – eine gelbe Karte für eine sich zuspitzende Lage.
Was das bedeutet? Die Behörden sind in erhöhter Alarmbereitschaft, Seniorenheime aktivieren Notfallpläne, kommunale Einrichtungen stellen Kühlräume zur Verfügung. Und doch kommt die Hitze oft schneller als die Hilfe.
Eine Hitze mit Folgen – für Mensch, Natur und Infrastruktur
Die Auswirkungen spüren besonders die Schwächsten: ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Vorerkrankungen. Die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden sind bekannt – viel trinken, körperliche Anstrengung meiden, Schatten suchen – aber was, wenn sich auch der Schatten aufheizt wie ein Backofen?
Gleichzeitig steigt die Waldbrandgefahr dramatisch an. Im Süden reicht ein Funke, ein Zigarettenstummel, ein heiß gelaufener Auspuff – und Hektar für Hektar brennt. Die Feuerwehr ist im Dauereinsatz, Wasserflugzeuge kreisen über den Garrigues, und das Mittelmeer glitzert trügerisch kühl unter dem heissen Himmel.
Ein Blick zurück – und nach vorn
Erinnerungen werden wach: 2003, 2012, 2023 – alles Sommer, die sich eingebrannt haben ins kollektive Gedächtnis. 2003, das Jahr mit über 15.000 Hitzetoten in Frankreich, bleibt der düstere Maßstab. Doch 2025 rückt gefährlich nahe – nicht in der absoluten Extremtemperatur, aber in der Dauer und Flächenausdehnung.
Was auffällt: Diese Hitze kommt nicht mehr plötzlich, sie kündigt sich an – Woche für Woche, Jahr für Jahr. Der Klimawandel macht aus Ausnahmen allmählich eine neue Regel. Und die Frage steht im Raum: Wie oft noch? Und wie lange noch ohne tiefgreifende Anpassung?
Zwischen Schatten und Hoffnung
In Paris füllen sich die Brunnen, in Marseille öffnen Kirchen ihre Türen für Schatten und Stille. In kleinen Dörfern des Südens hängen die Menschen feuchte Tücher vor Fenster, auf dem Land stellen Landwirte ihre Bewässerungspläne um. Es ist ein Sommer der Improvisation, der Widerstandskraft – und ein Testlauf für die kommenden Jahre.
Denn eins ist klar: Diese Hitzewelle ist nicht nur Wetter. Sie ist Symptom eines sich wandelnden Planeten, einer Gesellschaft im Hitzestress und eines politischen Systems, das lernen muss, schneller zu reagieren.
Die heiße Luft bleibt – und mit ihr die Frage, wie ein ganzes Land lernen kann, in der Glut kühlen Kopf zu bewahren.
Von C. Hatty
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