Es war ein Sonntag, den viele nicht so schnell vergessen werden. Der 20. Juli 2025 hat sich mit Gewalt ins Gedächtnis der Bewohner Ost- und Südostfrankreichs gebrannt.
Ein Gewittersturm von seltener Heftigkeit tobte über Land und Leute – mit tragischen Folgen.
Ein Mensch starb, sechs weitere wurden verletzt. Dächer flogen davon, Bäume knickten wie Streichhölzer, Stromleitungen rissen, Straßen verwandelten sich in Sturzbäche. Die Natur zeigte ihr ungezähmtes Gesicht – und hinterließ eine Schneise der Verwüstung.
Ein Mann stirbt beim Versuch, sein Haus zu schützen
Der traurigste Schauplatz: Saint-Cyr in der Saône-et-Loire. Dort stürzte ein Mann fünf Meter in die Tiefe, als er versuchte, das Dach seines Hauses zu sichern – der Sturz endete tödlich.
Nur wenige Kilometer entfernt, in Devrouze, erlitt eine weitere Person bei einem ähnlichen Einsatz schwere Verletzungen.
Die Feuerwehr rückte allein in diesem Département zu 280 Einsätzen aus. Der Großteil galt beschädigten oder komplett abgedeckten Dächern – manche Häuser standen anschließend wie entblößte Skelette da.
Savoie: Baum kracht auf Auto, fünf Verletzte
In Flumet, einem sonst eher beschaulichen Ort in der Savoie, traf ein umstürzender Baum ein Auto frontal. Zwei Menschen wurden dabei schwer verletzt, drei weitere kamen mit leichteren Blessuren davon. Alle wurden ins Krankenhaus von Albertville eingeliefert.
Das Bild: Rettungskräfte, die sich durch den Sturm kämpfen, zerschmetterte Windschutzscheiben, bleiche Gesichter – und überall umgestürzte Bäume.
Jura im Dunkeln – 4.800 Haushalte ohne Strom
In den Höhenlagen des Jura peitschten Winde mit bis zu 105 Stundenkilometern über die Wälder. Die Folge: gekappte Stromleitungen, gesperrte Straßen, blockierte Zufahrten. Rund 130 Mal mussten Feuerwehrtrupps ausrücken, um Verkehrswege zu räumen und Sicherungen durchzuführen. Etwa 4.800 Haushalte saßen zeitweise im Dunkeln.
Ein Gefühl der Ohnmacht machte sich breit – auch weil nicht klar war, wann der nächste Sturm kommt.
Die Wetterwarnung endet – das Risiko bleibt
Météo-France hatte bereits am Sonntagmorgen sieben Départements in Alarmbereitschaft versetzt. Orange Warnstufe wegen Gewitter und Überschwemmung – darunter bekannte Regionen wie die Drôme, die Isère und der Vaucluse.
Am Montagmorgen wurde die Warnung zwar aufgehoben. Doch rund 53 Départements blieben weiterhin in gelber Alarmstufe – zumindest bis zum Abend.
Ein Aufatmen? Nur teilweise. Denn die Gefahr war noch nicht gebannt.
Blitzschläge, Hagel, Wasserfluten – ein Bilderbuch-Sturm?
Der Sturm war ein meteorologisches Gesamtkunstwerk – wenn auch eines von der zerstörerischen Sorte. Blitze zuckten im Sekundentakt. Hagelkörner prasselten auf parkende Autos, Fenster und Dächer. Innerhalb kürzester Zeit füllten sich Straßenzüge mit Wasser, als hätten sich ganze Flüsse aus dem Nichts gebildet.
In den sozialen Netzwerken kursieren seither Bilder, die mehr sagen als tausend Worte: Menschen, die durch knietiefes Wasser waten, Kinder, die unter umgekippten Trampolinen hervorgezogen werden, Feuerwehrleute, die mit leerem Blick durch durchnässte Straßen stapfen.
Zwischen Resilienz und Hilflosigkeit
Der Vorfall hat erneut die Verletzlichkeit ganzer Regionen offenbart. Häuser, Stromnetze, Kommunikationswege – nichts scheint sicher vor den Launen des Klimas.
Zugleich aber wurde auch eine andere Seite sichtbar: die Stärke der Gemeinschaft, der Einsatz der Rettungskräfte, die Solidarität unter Nachbarn. Wie etwa jene Familie aus Albertville, die Fremde in ihrem Keller unterbrachte, weil deren Wohnung überflutet war.
Aber reicht das?
Was bleibt – und was kommen muss
Die Frage, die in vielen Köpfen schwebt: Wird das jetzt zur neuen Normalität?
Solche Unwetter häufen sich – und sie scheinen heftiger zu werden. Fachleute warnen schon seit Jahren vor den Folgen des Klimawandels. Und diese Ereignisse sind nicht mehr bloße Zukunftsszenarien, sondern bittere Realität.
Es geht nicht mehr nur um Reaktion – sondern um Prävention.
Dächer müssen sturmfester werden, Stromnetze robuster, Notfallpläne schneller abrufbar. Und jede und jeder Einzelne muss wissen, was im Ernstfall zu tun ist.
Denn das nächste Gewitter kommt bestimmt.
Autor: Andreas M. B.
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