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Am Vorabend einer fünften Welle von Covid-19 in Europa und in Frankreich und zwei Tage vor der Ansprache des Präsidenten befürchten einige Franzosen, dass möglicherweise eine Rückkehr zur Ausgangssperre oder sogar zum Lockdown von Emmanuel Macron angekündigt wird. Aber dies ist höchst unwahrscheinlich.

Es erinnert an 2020. Mit dem Wintereinbruch beginnt in Frankreich die Covid-19-Epidemie wieder zu grassieren, und der Präsident der Republik wird am Dienstagabend zu den Franzosen sprechen. Aber „wir“ sind nicht mehr „im Krieg“ und die Einschränkungen und Ausgangssperren scheinen weit hinter uns zu liegen.

Diese Ansprache des Präsidenten kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich der Elysée-Palast besonders besorgt über die gesundheitliche Situation geäußert hat. Aber, bereits am 12. Juli versprach Emmanuel Macron, sich im Herbst an die Franzosen zu wenden. Also keine Sorge, an diesem Dienstagabend wird weder ein neuer Lockdown noch eine Ausgangssperre verhängt. Hier sind die Gründe dafür:

Eine beunruhigende, aber nicht katastrophale Situation
Am Freitag bestätigte Premierminister Jean Castex einen erneuten Anstieg der Virusverbreitung im Lande und die WHO gab bekannt, dass Europa erneut zum Epizentrum der Pandemie geworden ist.

Am 4. November wurden durchschnittlich 9.502 neue Fälle registriert, ein Jahr zuvor waren es in Frankreich jedoch täglich unglaubliche 40.558 Fälle. Und das mitten im Lockdown.

Der Elysée zeigt sich besorgt über den Anstieg der Krankenhausaufenthalte, zumal nach Angaben des französischen Krankenhausverbands (FHF) derzeit 6% der Betten wegen Fachkräftemangels geschlossen sind. Am Freitag, dem 5. November, wurden in Frankreich 6.735 Covid-19-Patienten in einem Krankenhaus behandelt, 17 mehr als am Vortag. Auf den Intensivstationen wurden 1.089 Patienten wegen einer Covid-19-Infektion behandelt, was einem Rückgang von 10 Patienten innerhalb von 24 Stunden entspricht.

Gesetz zur „Überwachung der Gesundheit“ verabschiedet
Am Freitag, dem 5. November, stimmten die Abgeordneten des Nationalrats für den Gesetzentwurf zur „gesundheitlichen Überwachung“. Dieses Gesetz soll eine Verlängerung der Nutzung des Gesundheitspasses bis zum 31. Juli 2022 ermöglichen und den Kampf gegen den Betrug mit falschen QR-Codes verstärken. Mit diesem Gesetz wird aber auch der gesundheitliche Notstand abgeschafft, der es der Regierung ermöglichte, außergewöhnliche Maßnahmen wie den Lockdown oder die Ausgangssperre zu ergreifen.

Dieser Gesetzestext „gibt uns die Waffen in die Hand, um den Kampf gegen diese Epidemie in den kommenden Monaten fortzusetzen“, sagte Jean Castex am Freitag und erinnerte daran, dass die Epidemie in Frankreich und in der Welt noch lange nicht vorbei sei.

Erinnerung an die Notwendigkeit von Barrieremaßnahmen
Die Beibehaltung der Barrieremaßnahmen sollte von Emmanuel Macron am Dienstagabend nochmals besonders betont werden. Das Tragen von Masken in den Schulen wurde in 39 Departements ab Montag wieder eingeführt. Auch wenn das Tragen von Masken im Freien nicht mehr obligatorisch ist, bleibt es in geschlossenen Räumen von Einrichtungen mit Publikumsverkehr vorgeschrieben, um die Ansteckungen zu begrenzen.

Der Gesundheitspass zur Aufrechterhaltung eines „normalen Lebens“
Die Regierung beabsichtigt, die Nutzung des Gesundheitspasses noch weiter auszudehnen. Sie würde es dem Elysée erlauben, neue restriktive Maßnahmen wie eine Ausgangssperre, einen Hausarrest oder die Schließung bestimmter publikumsstarker Einrichtungen zu vermeiden, wie wir es seit März 2020 immer wieder erleben mussten.

Eine recht gute Impfrate
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums haben heute 50.165.152 Franzosen eine vollständige Impfung erhalten. Jean Castex hob die „hervorragenden Zahlen“ hervor, denn mehr als 88,5% der impfberechtigten Bevölkerung haben mindestens eine Injektion erhalten. Doch „6,8 Millionen unserer Mitbürger, darunter 1,3 Millionen über 65, haben noch keine Dosis erhalten“.

Die „hohe Durchimpfungsrate“ in Frankreich sollte es ermöglichen, ein „signifikantes Wiederaufflammen der Epidemie zu vermeiden, selbst wenn man die Abkühlung der Temperaturen berücksichtigt“, und somit nicht erneut „sehr restriktive Maßnahmen wie Ausgangssperren oder Lockdowns“ zu erleben, meint die Zeitung 20 Minutes.

Eine dritte Dosis Impfstoff für alle?
Die Frage der Impfung wird mit Sicherheit in der Rede des Präsidenten ein zentrale Rolle spielen. Angesichts des Wiederaufflammens der Epidemie könnte Emmanuel Macron die Verabreichung einer dritten Dosis des Anti-Covid-Serums für die schwächsten Personen und ältere Menschen zur Pflicht machen.

Diese hat viele Franzosen befreits jetzt dazu veranlasst, einen Termin zu vereinbaren, um in den Impfzentren eine Auffrischungsdosis zu erhalten. Am Freitag wurde eine Rekordzahl von Terminen für die 3. Dosis vergeben: fast 65.000 Termine wurden gebucht, gegenüber 39.000 in der vergangenen Woche.

Lockdown ist zu teuer
Eine Rückkehr zu Ausgangssperren oder Lockdowns würde auch die Rückkehr staatlicher Beihilfen für die von den restriktiven Maßnahmen besonders betroffenen Wirtschaftssektoren bedeuten. Am Ende des Sommers hatte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire es auf den Punkt gebracht: „Das Ender der ungebremsten Hilfen ist gekommen“. Der Solidaritätsfonds, der am 30. September auslief, hatte den Staat seit März 2020 immerhin 35 Milliarden Euro gekostet.

Insgesamt hat der Staat 80 Milliarden Euro in Form von Subventionen verteilt, um den Unternehmen bei der Bewältigung der Krise zu helfen. Dazu kommen Kredite „in der Größenordnung von 160 Milliarden Euro“, sagte Bruno Le Maire am Montagmorgen.

Insgesamt beliefen sich die Unterstützungsmaßnahmen für die Unternehmen zur Überwindung der Krise des Covid-19 also auf satte 240 Milliarden Euro. Eine saftige Rechnung, die die Regierung davon abhalten könnte, das Land wenige Monate vor den Präsidentschaftswahlen erneut in einen Lockdown zu schicken.

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