Tag & Nacht




Elf Tage lang stand das Herz Portugals in Flammen. Wälder brannten, Gemeinden wurden bedroht, Menschen lebten in Angst – und am Ende blieb eine erschütternde Bilanz: Über 64.000 Hektar Land sind dem Feuer zum Opfer gefallen. Ein trauriger Rekord, der das Land in Alarmbereitschaft versetzt hat.

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Das Inferno wütete in sieben Gemeinden im Grenzgebiet der Distrikte Coimbra, Guarda und Castelo Branco. Eine Region, die eigentlich für ihre üppige Natur bekannt ist – und nun aussieht wie eine dystopische Kulisse aus Asche, Rauch und verkohlten Baumstümpfen.

Laut Portugals Institut für die Erhaltung von Natur und Wäldern (ICNF) handelt es sich um den größten Waldbrand in der Geschichte des Landes. Damit ist sogar das verheerende Feuer von Oktober 2017 übertroffen, das damals 53.000 Hektar zerstörte. Dass diese neue Marke nun überschritten wurde, wirft erneut ein grelles Schlaglicht auf ein Problem, das längst nicht mehr nur die Sommermonate betrifft.

Noch immer sind fast 1.000 Feuerwehrleute im Einsatz, unterstützt von rund 300 Einsatzfahrzeugen. Ihr Auftrag: aufkommende Glutnester ersticken, erneute Brandausbrüche verhindern, das bereits Geleistete absichern. Zwar galt das Feuer am Sonntagabend als unter Kontrolle – doch im trockenen, von Hitzewellen geplagten Portugal genügt ein Windstoß, ein Funke – und alles beginnt erneut.

Was war der Auslöser? In diesem Fall war es offenbar die Natur selbst: Mehrere Blitzeinschläge in schwer zugänglichem Gelände lösten das Großfeuer aus. Aber warum breitet sich ein solches Feuer dann so dramatisch aus? Die Antwort ist komplex – und hat sehr viel mit dem Klimawandel zu tun.

Die Iberische Halbinsel erlebt seit Jahren eine zunehmende Häufung von Wetterextremen. Lange Trockenperioden, rekordverdächtige Hitze und ungewöhnlich starke Winde schaffen perfekte Bedingungen für sogenannte Megafeuer. Die Vegetation vertrocknet, der Boden wird porös, jede Flamme findet Nahrung – und das Feuer frisst sich mit erschreckender Geschwindigkeit durch die Landschaft.

Portugal ist da kein Einzelfall. Auch Spanien kämpfte in diesem Sommer mit mehreren Großbränden, zum Teil ebenfalls ausgelöst durch Blitzschläge oder menschliche Fahrlässigkeit. Die Situation zeigt: Die klassischen „Waldbrand-Saisons“ scheinen sich aufzulösen – stattdessen erleben wir eine fast permanente Gefahrenlage.

Wie gehen die Menschen vor Ort damit um? Manche kämpfen – mit Schlauch und Helm. Andere fliehen – aus Dörfern, die plötzlich von Flammen eingeschlossen sind. Wieder andere warten – mit gepackten Taschen, in Unsicherheit, ob sie zurückkehren können. Es sind Bilder, die sich eingebrannt haben: Evakuierungen bei Nacht, helle Feuerzungen am Horizont, Tiere auf der Flucht, Menschen, die ihr Lebenswerk verlieren.

Und was macht die Politik? Die portugiesische Regierung hatte bereits vor dem Sommer zusätzliche Mittel für den Katastrophenschutz bereitgestellt. Neue Überwachungsdrohnen, mehr Feuerwehrkräfte, strengere Präventionsmaßnahmen – doch gegen Naturgewalten in dieser Größenordnung scheint jede Vorbereitung nur ein Tropfen auf den heißen Stein zu sein.

Eine Frage drängt sich auf: Können wir überhaupt noch etwas tun?

Die Antwort ist unbequem – aber ja, wir können. Und wir müssen. Vor allem auf zwei Ebenen: lokal und global. Lokal bedeutet, gefährdete Regionen besser zu sichern, Brandrisiken wie trockenes Unterholz regelmäßig zu entfernen und Bevölkerung sowie Einsatzkräfte konsequent zu schulen. Global heißt: den Klimawandel ernst nehmen – nicht morgen, sondern heute.

Denn die Feuer, die in Portugal brennen, sind kein isoliertes Phänomen. Sie sind Symptom einer aus den Fugen geratenen Welt. Ein Vorbote dessen, was uns noch erwarten könnte, wenn wir den eingeschlagenen Kurs nicht ändern.

Portugal hat vorerst durchgeatmet. Am Montag meldete die Zivilschutzbehörde: keine aktiven Großbrände mehr, keine akute Bedrohung. Doch Entwarnung sieht anders aus. Denn selbst wenn die Flammen gelöscht sind – der Rauch hängt noch in der Luft.

Und das nicht nur physisch, sondern auch sinnbildlich: als Mahnung, als Warnruf, als Appell.

Autor: Andreas M. Brucker

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